Corona - eine Krise für die Kooperation?

Corona – a crisis for cooperation?

Autor/innen

  • Anke Langner TU Dresden
  • Clemens Milker TU Dresden

DOI:

https://doi.org/10.21248/qfi.58

Schlagworte/Keywords

Kooperation, Corona, Resonanz, Individualisierung, Entwicklung, cooperation, resonance, individualisation, development

Zusammenfassung

Der Artikel greift vor dem Hintergrund der Theorieperspektive der Synthetischen Humanwissenschaften auf, wie sich Kooperationsbeziehungen von Schüler*innen und Lehrpersonen in ihrer Intensität wie Funktionalität durch die pandemiebedingt plötzlich und signifikant auftretenden Änderungen des Alltags der Institution Schule verändern. Dies wird hinsichtlich der Auswirkungen auf individuelle Entwicklung und Entwicklungspotentiale von Schüler*innen gespiegelt, um daran anknüpfend Ableitungen für Bildungsprozesse zu ziehen. Einzelne Ausschnitte aus explorativ geführten Interviews erweitern den theoretischen Bezugsrahmen durch Aussagen von Praktiker*innen hinsichtlich einer schulischen und professionstheoretischen Perspektive.

 

Abstract

The article discuses theoretically how cooperation among students and teachers changed in its intensity and functionality for learning during the significant changes of the institution school due to the Corona-pandemic restrictions. Those changes are to be analysed in their influence on individual development and potentials. Selected explorative interviews with teachers and parents about their perception on the crisis and its caused changes may add a practical perspective from school to the pedagogical theory.

Downloads

Veröffentlicht

2021-08-12

Ausgabe

Rubrik

Artikel

Einleitung

Die Krise in Folge der Covid-19 Pandemie zeigt in sämtlichen Bereichen öffentlichen wie privaten Lebens starke Einschränkungen und damit einhergehende Veränderungen, in deren Folge sich Prioritäten, Rituale und Pflichten im Leben aller Individuen bzw. der Strukturen der Arbeits- und Alltagswelt verschoben haben. Die Institution Schule, die sich eher durch langsame Adaptionen charakterisiert (vgl. Mannewitz, 2019), musste innerhalb kürzester Zeit Strukturen signifikant ändern. Es lohnt sich dabei, den Blick auf einzelne Schulen als proaktiven Mikrokosmos der Schulentwicklung (Blömeke & Herzig, 2009, S. 15) und Einrichtung föderalen Rechts zu richten. Daraus resultiert ein Spannungsfeld, welches in seiner bildungs- und politikgeschichtlichen Tiefe noch zu analysieren sein wird. [1]

Wie reagieren Schule und deren Akteur*innen auf die pandemiebedingten Schulschließungen und damit auf die Unmöglichkeit, all ihre Funktionen in konstantem Maße trotz der Einschränkungen weiterzuführen? Wie gut kann es Schule gelingen, sich selbst digital, delokalisiert, dezentralisiert und teils asynchronisiert neu zu erfinden? Letztere Frage soll im Rahmen dieses Beitrages diskutiert werden, indem die Ermöglichung von Kooperation im Wechselverhältnis zur Individualisierung genauer betrachtet wird. [2]

Ausgehend von lern- und entwicklungspsychologischen Annahmen der Kulturhistorischen Theorie (Vygotskij, 1987) und dem Modell der entwicklungslogischen Didaktik von Feuser (1989) braucht es im individuellen Entwicklungsprozess die Kooperation zwischen den Individuen zum Lernen. Für die Umsetzung von Inklusion in Schule sind Kooperationsprozesse für das Lernen aller Schüler*innen ebenso wie für die Etablierung eines wertschätzenden und anerkennenden sozialen Miteinanders notwendig. Im Rahmen des BMBF geförderten Projektes „Schule inklusiv gestalten” (SING) stand die Umsetzung von Kooperation im Lernprozess über die Gestaltung von partizipativen Lernumgebungen im Fokus, um inklusives Lernen zu ermöglichen. Ausgehend von dieser Bestimmung stellt das Lernen in Zeiten von Schulschließung bzw. unter Abstandsregelungen in der Schule ein Brennglas dar, hinsichtlich der Frage, wie Kooperation im Lernprozess für alle Schüler*innen gelingend gestaltet werden kann. [3]

Im Kontext der Kulturhistorischen Theorie ist Kooperation ein bedingendes Element für Entwicklungsprozesse, denn über das Lernen mit Anderen erfolgt Entwicklung des Einzelnen. Für das gemeinsame Lernen – den Austausch über die Welt, um sich Welt anzueignen – braucht es den Dialog zwischen den Individuen. Ohne den Dialog, der basal in einem ersten Schritt umfasst, dass auf eine Aktion eine Reaktion von anderen folgt und so Menschen ihre Wirksamkeit erfahren, ist die Ausbildung von höheren psychischen Funktionen erschwert oder nicht möglich. Denn die höheren psychischen Funktionen sind zunächst interpsychisch vorhanden, bevor sie sich intrapsychisch ausbilden. Vygotskij hat dies an der Zeigegeste deutlich gemacht, die zunächst „an sich“ steht. Über den Dialog entwickelt sie sich als Geste „für Andere“, um am Ende „für sich“ zu stehen. „Das Individuum wird für sich zu dem, was es an sich ist, nur durch das, was es für andere ist“ (Vygotskij, 1992, S. 235; Hervorhebung AL). Damit sich ein solcher Dialog entwickelt und gelingend gestaltet, bedarf es einer Beziehung der Individuen zueinander, die durch Reziprozität und Resonanz gekennzeichnet ist. In welchem Sinne, wird in den folgenden Abschnitten näher betrachtet. [4]

Kooperation spielt für Entwicklung und damit für Lernen in allen Lebensphasen und -bereichen, sowohl bezogen auf das einzelne Individuum als auch hinsichtlich der Entwicklung von Organisationen - die wiederum von den einzelnen Individuen gestaltet werden - eine zentrale Rolle. Mit Blick auf Schule und institutionelles Lernen muss einerseits unterschieden werden zwischen Kooperation im Lernprozess der Schüler*innen mit anderen Schüler*innen und mit Lehrer*innen und andererseits Kooperation zwischen den Lehrer*innen, als einem Element der Professionalisierung pädagogischen Handelns (Gräsel, Fussangel & Pröbstel, 2006). [5]

Im Artikel soll die Herausforderung dieser beiden Formen der Kooperation auch in Relation zur individuellen Entwicklung der Lernenden aber ebenso der anderen Gruppen im Rahmen von pandemiebedingter Schulschließung bzw. veränderter Öffnung von Schule anhand von Interviews mit Lehrpersonen und Eltern der Klassenstufen 1-5 der Universitätsschule Dresden (Langner & Heß, 2020) diskutiert werden. Die Interviews wurden mit vier Lehrpersonen (X 1-4) und sechs Elternteilen (Y 1-6) geführt. Das Ziel der Leitfadeninterviews war es, die Umstände für die Begleitung von Lernprozessen der Schüler*innen durch Lehrer*innen und Eltern einer inklusiven Schule unter Pandemiebedingungen zu rekonstruieren. Die Interviewten wurden zu ihrem Handeln in der Zeit der Schulschließungen und danach befragt, was die Prämissen dafür und für sie besondere Herausforderungen in dieser Zeit waren. Angelehnt an die Grounded Theory (Glaser & Strauss, 1998) wurden die transkribierten und anonymisierten Interviews nach dem Kodierparadigma analysiert. Als eine zentrale Kategorie in der Auswertung stellte sich dabei die Umsetzung von kooperativen Prozessen, sowohl bezogen auf die Lern- und Entwicklungsprozesse der Schüler*innen, als auch auf die Professionalisierung der Lehrer*innen der Universitätsschule heraus. Bedeutsam ist in der Betrachtung das Wechselverhältnis von Individualisierung und Kooperation als bedingende Elemente im Bildungsprozess in gesellschaftlichen Krisensituationen, wie am Ende des Beitrages dargestellt wird. [6]

Die Interviews wurden im Zuge der ersten Schulschließungsphase von April bis Juli 2020 geführt. Die Erstfassung des Artikels wurde im Oktober 2020 eingereicht und analysiert damit primär die schulischen Rahmenbedingungen des damaligen Novums ‚Lockdown‘. Die folgenden Aussagen sind aus den oben bestimmten Interviews generiert. Die Auswahl der Interviewpartner*innen hat im Sinne des „theoretical samplings“ stattgefunden, für die in diesem Text verfassten Aussagen konnten wir eine theoretische Sättigung in dem von uns analysierten Material feststellen. Dies entspricht dem Anspruch und dem Vorgehen der Grounded Theory. [7]

Die Adaptionsbemühungen vieler Lehrender, Lernender, Eltern und Schulen sollen nicht verkannt werden, wenn konstatiert wird, dass das Situationswissen im April 2021 deutlich gestiegen ist, aber dennoch keinesfalls von optimalen Lernbedingungen gesprochen werden kann. Die Ergebnisse der Interviewanalysen haben deshalb nicht an Aktualität und Relevanz eingebüßt. Die eingeschränkten Kooperationsmöglichkeiten, die im Artikel diskutiert werden, potenzieren die Bildungsungleichheit und erforderten von einer Gesellschaft, die Inklusion als Anspruch für sich proklamiert, ein besonderes Augenmerk auf die Bildungssituation. Die Situation des Lockdowns war exkludierend und dessen Folgen werden nur mit Ansätzen einer inklusiven Pädagogik zu beantworten sein. Es bleibt zu analysieren, welche Folgen die Entwicklungszäsur auf die Corona-Generation haben wird. U.E. bleibt das bisher gezeigte staatliche Engagement hinter seinen eigentlichen Anforderungen zurück. [8]

Kooperation als Lernmotor im Spiegel der Covid-19 Pandemie

Die Analyse der Interviews weist darauf hin, dass Kooperation als Motor für Lernprozesse während der Schulschließungen aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen ins Stocken kommt. Die Herausforderungen für ein kooperatives Lernen unter Pandemiebedingungen beziehen sich, basierend auf den Interviewauswertungen, auf das Fehlen der Sozialkontakte zu Gleichaltrigen (2.1), auf den veränderten Ort und die neuen Kooperationspartner*innen des Lernens (2.2), auf das Digitale als neues Medium der Kooperation (2.3) und die Problematik der Herstellung von Resonanz (2.4). [9]

Eine Klasse ist mehr als drei Freunde – kooperatives Lernen mit Peers

„Also, das war für sie schwer mit diesen Arbeitsblättern. Es war für sie schwer auch ohne andere Kinder. Also, die dann sagte, ich will in die Schule, ich will mit anderen Kindern lernen. Das war relativ schwierig. Wir haben uns dann so durchgewurschtelt, sage ich mal so“ (Y2).

[10]

In diesem Zitat aus einem Elterninterview wird die Schwierigkeit angesprochen, ohne den sonst verfügbaren Rahmen der Schule – insbesondere der Mitschüler*innen – mit dem schulischen Lernen zurechtzukommen. Die qualitative Schulforschung setzt sich schon länger damit auseinander, inwieweit schulische Ordnung beteiligt ist an der Herstellung eines Lernsettings und fragt nach der Rolle von Schüler*innen, die zugleich auch Peers sind, in diesem Prozess. So stellen de Boer & Deckert-Peacemann (2009, S. 26) fest, dass „die Peerkultur nicht nur einen aktiven Anteil an der Aufrechterhaltung und Durchsetzung der schulischen Ordnung hat, sondern ebenso Impulse für Lernprozesse setzt”. Wie bedeutsam diese Impulse für den Lernprozess sind, wurde bisher möglicherweise unterschätzt, denn die Erfahrungen des Lockdowns während Corona, die durch das empirische Material bestätigt werden, verweisen u.E. darauf, dass die Peers für die Aneignung von formalem Lernen hoch relevant sind und dies möglicherweise nicht nur über informelle Lernsituationen, sondern im direkten Dialog (vgl. de Boer & Deckert-Peacemann, 2009, S. 30). Schüler*innen unterstützen sich im Lernprozess, weil sie, wie es von Röhner formuliert wurde, einen Prozess der Ko-Konstruktion1 mit Gleichaltrigen vollziehen, der sich für alle Schüler*innen „günstig auf das schulische Lernen auswirkt” (Röhner, 2009, S. 66). Im Lockdown wird über das Fehlen dieser Ko-Konstruktionsprozesse deren Relevanz für Schule sichtbar. Folgen wir Krappmann (2010), sind es nicht nur die Ko-Konstruktionsprozesse selbst, sondern auch der über die Peers vermittelte Identifikationsprozess, der sich positiv auf das Lernen der Schüler*innen auswirkt und der ebenfalls so nicht mehr möglich ist. Die Interviews weisen darauf hin, dass die in Schule alltäglich stattfindende Aushandlung des Schüler*in- und des Peerseins (Wagner-Willi, 2005) ruht, denn auch aus Videokonferenzen erwächst dieser Verhandlungsraum nicht. Möglicherweise, weil dieser digitale Raum nicht die Nischen für informelle und von der Lehrkraft nicht intendierte Kommunikation sowie auch nicht die nonverbale Interaktion zulässt, die es für Schüler*innen hierfür bedarf. Es ist der übliche Schulraum, der damit durch seinen ausschließlichen digitalen Charakter Schüler*innen im Lernen und auch in den Peerinteraktionen behindert. [11]

„Also es sind uns, denke ich, schon mindestens eine Handvoll Kinder, mehr oder weniger unter den Tisch gefallen, weil wir einfach keine Möglichkeit hatten, wirklich an die ranzukommen. Und ich glaube, also ich habe dann versucht, den Impuls irgendwann mal weiterzugeben, weil du dann gesehen hast, die Kinder sind einfach nicht aktiv und bei denen passiert nichts. Nicht in der Richtung, dass ich dachte: ‚Okay, die müssen jetzt aber ihre Aufgaben erledigen‘, sondern ‚wer weiß, was bei denen zu Hause so abgeht.‘ Und da denke ich, hätte man schon noch versuchen können irgendwie noch auch diejenigen, also sozusagen die die wirklich gelitten haben stark unter der Situation irgendwie noch besser abzuholen” (X4).

[12]

Diese Erfahrung kann, neben u.a. den Einflüssen diverser soziokultureller Umstände häuslichen Lernens, mit dem Stellenwert erklärt werden, den informelle Peer-Interaktionen für das schulische Lernen einnehmen und die in Lockdown-Phasen nicht zur Verfügung stehen. Schulischer Unterricht wird ständig überformt von peerkulturellen Prozessen, dies gilt auch umgekehrt (de Boer, 2009, S. 106). Schüler*innen verschreiben sich teilweise einem Lernprozess, weil sie den Aushandlungsprozess mit den Peers suchen. Folglich stellt die Lockdownsituation für einzelne Schüler*innen eine besonders herausfordernde Situation dar. Dies möglicherweise auch, weil Hilfestellungen der Peers, wie sie in Schule teilweise unbemerkt erfolgen, nicht mehr realisiert werden konnten. „Die Schüler und Schülerinnen gehen jedoch über das Erledigen von Arbeitsaufgaben – die sie weitgehend selbstverständlich und nicht unwillig ausführen – hinaus, wenn sie sich etwa in unterschiedlichen Praktiken des Hilfegebens zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern gesellen, sich ihnen gegenüber in besonderer Weise positionieren und Anteil an deren ‚Arbeitsprozessen‘ nehmen, um mit ihnen in doppelter Kontextualisierung zu kommunizieren” (Reh & Labede, 2009, S. 173). In diesem Kontext beschreiben die beiden Autorinnen zugleich, dass die Schüler*innen eine Ordnung etabliert haben, in der sie sich selbst zur Arbeit rufen, was Schüler*innen u.a. eine längere Konzentrationsphase ermöglicht (Reh & Labede, 2009, S. 173). [13]

Lernkultur ist beeinflusst durch Peerkultur. Diese schafft nicht zuletzt die Möglichkeit für Verarbeitungsprozesse, wie sie in Zeiten von Corona für Schüler*innen relevant waren. Unter den Peers „findet ein Austausch intimer Gedanken, Gefühle und Sorgen statt und es werden darüber hinaus mögliche Problemlösungsstrategien thematisiert” (Harring, Böhm-Kasper, Rohlfs & Palentien, 2010, S. 12). [14]

Die beschriebene Peerkultur ist verbunden mit der Ordnung, aber auch mit dem Ort Schule, die Schule stellt, wie es Deckert-Peacemann (2009, S. 86) bestimmt, einen zentralen Treffpunkt dar. Erst in Schule werden Kinder zu Schüler*innen, wie de Boer beschreibt: „In die Schule kommen und Schulkind werden bedeutet eine Vielzahl institutioneller Regelungen, impliziter und expliziter Art, lernen zu müssen. Kinder werden zu Schülern und Schülerinnen, indem sie schulische Arbeitsweisen kennen und flexibel, d. h. in Abhängigkeit von Personen und Situationen anwenden lernen. Kinder als schulische Akteure lernen, ihr Handeln am Rahmen der Institution Schule, ihrer Regeln, Normen und Rechte auszurichten. [...] Ihr schulisches Handeln ist damit kein freies Handeln, sondern ein auf die schulische Ordnung abgestimmtes” (de Boer, 2009, S. 105; Auslassung AL). Es braucht die Schule nicht zuletzt für die Etablierung einer Peerkultur, dies umfasst auch das Setting von Schule, wie Breidenstein (2009, S. 155) hinsichtlich der Rolle von Lehrer*innen bestimmt. Die dargelegten Elemente zur Etablierung der Kultur können über das Digitale nicht abgebildet werden, dies führt zu Veränderungen nicht nur des Lernprozesses, sondern auch der Peerkultur. [15]

Homeoffice für Schüler*innen - Kooperation am Küchentisch?

„Ja, ich fühle mich gestresst” (Y1) - zweifelsohne trifft die Coronakrise Familien mit schulpflichtigen Kindern auf besondere Weise. Eltern und andere soziale Bezugspersonen werden zusätzlich ihrer familiären Fürsorgepflichten zu Teil- bzw. Vollzeitlehrkräften. Doch auch für die Kinder birgt ein Lockdown signifikante Veränderungen. Statt der gewohnten gleichaltrigen Lern- und Entwicklungspartner*innen, die in den pädagogischen Kategorien Lebenswelt, Krisen, Sinnstrukturen usw. zumindest altersbedingte und schulsozialisierte Vergleichbarkeiten aufweisen, können allenfalls Geschwister diese Funktion einnehmen. Meist jedoch entbehrt ihr Lernen jeglicher Kooperationspartner*innen: Eltern befinden sich in einem Rollenkonflikt zwischen Familie, Lehrperson und evtl. Lernpartner*in. Gerade mit einem frontal- und lehrkraftorientierten Verständnis von Unterricht ergibt sich hier vermutlich für die Eltern ein hierarchischer Widerspruch. Sie können sich zerrissen fühlen, einerseits die wissensvermittelnde Lehrkraft sein zu ‚müssen‘, die ebenjenes auch wieder einfordert und andererseits als enge Bezugsperson und Entwicklungspartner*in die Bindungsebene zu präferieren. Außerdem zeigte 2.1, dass Eltern ungeachtet ihrer Motivation nicht einen gleichaltrigen Lernenden substituieren können. Das Rollendilemma spiegelt sich auch in der temporären Funktion des institutionalisierten Lehrenden wider: „Also ich bin kein Lehrer und das merkt man ganz leicht, wenn man mich reden hört. [...] Meine Kinder, manchmal hören sie mir zu, (LACHT), wenn es sie interessiert, wenn sie die Fragen selbst gestellt haben. Aber, wenn ich über irgendwelchen Quatsch rede, der weder mich tiefer interessiert, noch die Kinder tiefer interessiert, da funktioniert genau das nicht. Also, da kann ich nicht lehren in dem Sinne. Also, ich bin eben, wenn, dann eben der Lehrer, aber kein Lernbegleiter in dem Sinne, dass ich die Voraussetzungen schaffe und hier und da mal eine Motivationsspritze setzen kann.“ (Y5; Auslassung CM). [16]

Die Eltern verstehen ihre eigene Funktion als kontrollierendes Korrektiv, welches nur ausgewählt verschiedentlich zu motivieren in der Lage scheint: „die kann man nichts selbstständig machen lassen, was sie selbst nicht interessiert. Die brauchen unglaublich viel Unterstützung. Das heißt, sie brauchen eigentlich einen Vollzeit-Erwachsenen, der sich daneben stellt. [...] und ich muss ihn aber auch selber arbeiten lassen, sonst mache ich den Quatsch. Und dann sitzt er da und dann komme ich nach einer halben Stunde rein und, hm, nix” (Y5; Ausl. CM). Den Kindern wird durch die gefühlte Kontrollverpflichtung der Eltern ggf. die Möglichkeit der Isolationskompensation (vgl. Kompensationsmuster Steffens, 2019, S. 64f.) genommen, also Strategien wie Selbststimulation, innerer Rückzug, Aggression oder Uminterpretation, die der Wiederaufnahme des Dialogs dienen sollen. Temporäre Unaufmerksamkeiten bzw. Kompensationen werden als ‚unproduktive Störung‘ und nicht notwendiger Mechanismus zur Isolationsvermeidung (vgl. Störmer, 2013) betrachtet: „Und das ist in der Schule nicht so. Der Lernbegleiter selber hat zwanzig Kinder und da schlüpft so ein Kind auch gerne mal unten durch und hat seine fünf Minuten, wo es einfach den Kopf ausschalten kann” (Y6). Von den Eltern wird direkt erkannt, bzw. wird ihnen direkt gespiegelt, dass ein peer-Umfeld die Lernmotivation beeinflusst: „Ich glaube nicht, dass es in der Schule genauso ist, weil ja ein ganz anderes Umfeld ist. Es lernen alle Kinder” (Y1). Die bloße Anwesenheit einer Bezugsperson kann das Individuum nachhaltig zum Lernen motivieren (Holodynski, 2006; vgl. Steffens, 2019). Die elterliche Präsenz beim asynchronen Lernen während eines Lockdowns ist daher für das Lernklima kaum zu überschätzen, auch wenn ihnen didaktische Expertise fehlt. Allerdings ist hier die Emotionalität ein entscheidender Faktor: erhöhte Erwartungen, geteilte Aufmerksamkeiten (mit Geschwistern, Arbeit etc.) sowie der Druck der Ausnahmesituation wirken maßgeblich auf den gemeinsamen Dialog und erschweren Resonanzmomente: „Wir konnten unsere Tochter daher in der Woche nicht angemessen unterstützen, sodass sich jeder Abend mit schulischen Dingen hinzog, an Wochenende nicht zu denken! Das hat uns sowohl physisch als auch psychisch sehr mitgenommen. Streit oder auch ‚schlechte Laune‘ waren vorprogrammiert” (Y4). [17]

Ferner entfällt das Gleichgewicht – der Ort des Lernens wird genommen. Im regulären Schulalltag pendeln die Kinder zwischen drei wesentlichen Emotionsregulationspolen umher: Familie, Freunde und Lehrkräfte. Frust aus (temporär) verletzten Bindungen zu einem der Pole konnte durch die anderen reguliert werden. [18]

Spätestens seit der sog. „Spatial-turn“ auch die pädagogischen Wissenschaften erreichte (Nugel, 2014), konnte mehr Fokus auf die Raumkomponente als Lernfaktor gelegt werden. Das u.a. gesundheitspsychologische Gebot, auch im Homeoffice Arbeits- und Lebensplatz zu trennen (Nirje, 1974) gilt freilich auch und besonders für Kinder und kann nicht in jedem Haushalt realisiert werden. Außerdem ist die Schule selbst ein Lernort, der durch Didaktisierung, Angebote, Fachkabinette und Atmosphäre seinen Zweck zu erfüllen versucht (s.u.). Im eigenen Haushalt entfallen viele Motivationsmöglichkeiten, wenngleich auch hier Alltägliches als Lerngelegenheit verstanden wird (vgl. 4.). Zusätzlich entspricht eine schulische Grundausstattung keineswegs der eines Privathaushaltes: „Ja, also wir hatten jetzt alles. Natürlich, was jetzt zum Beispiel etwas begrenzter war, war das Datenvolumen vom Internet zum Beispiel“ (Y1). Besonders bei mehreren Geschwistern müssen Aufmerksamkeit und Ressourcen geteilt und priorisiert werden: “wo entweder ich Unterricht hatte oder der Große Unterricht hatte. Und dann hatte der [Hubert] keine Chance, an so einem Meeting teilzunehmen, weil wir haben halt nicht so viele Rechner, die eine Kamera und ein Mikro haben. (lacht) [...] Aber es war dann immer so, dass der [Hubert] halt den Kurzen gezogen hat, das war Periodisierung in der Familie“ (Y3; Auslassung/Verfremdung CM). [19]

Interessant erscheint, dass manche Eltern angeben, bereits Tendenzen zur Präferenz des Homeoffice bei ihrem Kind zu erkennen, was der Theorie der vorangegangenen Kapitel widersprechen würde. „Und das, was jetzt eine große Erkenntnis ist oder was die Schüler einem widerspiegeln, ist, dass sie sagen, sie können sich im Homeschooling besser konzentrieren und die Sachen, die wichtig sind, machen sie Zuhause. Ob sie das jetzt deswegen machen, weil da Mama ist, die hilft oder Papa, aber es wird tatsächlich so gesagt, dass die Ablenkung hier, mit anderen Kindern im Raum, um so vieles größer ist, dass sie also Zuhause wesentlich besser arbeiten können und wesentlich mehr schaffen” (X1). Nicht nur die Konzentrationsfähigkeit schätzen manche Eltern im Homeschooling besser ein (ähnlich Huber et al., 2020, S. 37). Das Gefühl, direkte Kontrolle über die Kindesentwicklung haben zu können, wird nach dem ersten Lockdown teilweise vermisst: „Natürlich ist jetzt wieder so, ein Stück weit, dass ich nicht mehr ganz so viel mitbekomme. Also ich weiß, dass sie gerne jeden Tag da ist. Ich kann nicht hundertprozentig beurteilen, wie sinnvoll wird die Zeit genutzt” (Y2), „und ich habe mir [...] mir irgendwie vor fünf, sechs, sieben Jahren hätte ich mir mehr so Phasen gewünscht, wo der auch wirklich hätte nur zu Hause lernen müssen, weil ich so das Gefühl hatte, in der Schule war das alles entsetzlich ineffektiv. Also ich weiß nicht, wie viel Zeit der in jeder Stunde mit Rumsitzen und nichts tun verbracht hat, statt zu arbeiten” (Y3; Auslassung CM). [20]

Auf der anderen Seite erscheint es redundant und dennoch notwendig, hinzuzufügen, dass durch den temporär räumlichen Wegfall der Institution Schule die ohnehin schon gravierenden und entwicklungsbestimmenden sozioökonomischen Faktoren intensiviert werden (Bremm & Racherbäumer, 2020). Nicht alle Eltern können die Kinder überhaupt betreuen. Trotz aller Herausforderungen vermögen Eltern aufgrund ihrer Erfahrungen nun ein besseres Rollenverständnis für Lehrpersonen entwickeln, was die Anerkennung und Haltung zur Profession und Institution evtl. nachhaltig beeinflussen könnte – zumindest ermöglicht es wieder einen Raum für Dialog. Einige Eltern können die Zeit aber offenbar auch intensiv nutzen, die Entwicklung ihres Kindes direkter verfolgen und mit ihm zu kooperieren und bewerten dies positiv: „Im Nachgang betrachtet, jetzt, nachdem wir, sage ich mal, eine gewisse Routine reinbekommen haben, war es die schönste Zeit, die wir eigentlich seit langem mit unseren Kindern hatten. Anders kann ich es nicht sagen. Also ich oder wir haben das unwahrscheinlich genossen. Ich habe noch nie so intensiv so viel Zeit mit meinen Kindern verbringen können, wie jetzt” (Y6). [21]

Kooperierendes - dialogisches Lernen über Technik?

„Ja, natürlich muss man Abstriche machen, weil man im direkten Kontakt mit den Kindern immer wieder feststellt, also was schon super klappt, was noch nicht gut klappt und wo Riesendefizite sind, wo man einfach ansetzen muss. Und so was geht, in der Corona-Zeit ist das völlig untergegangen” (X2). Warum geht, wie die Lehrkraft beschreibt, Individualisierung, ohne dafür die kooperationsbasierte Maxime zu ‚opfern‘, als Lehr-Lernbegleitung entsprechend der Entwicklungssituation der Lernenden im digitalen Unterrichtssetting des Lockdowns womöglich unter? Kooperation ist entsprechend der Kulturhistorischen Theorie an Dialog gebunden. Wobei Dialog nicht impliziert, dass er sprachlicher Natur sein muss, im Gegenteil: Dialog umfasst ein Miteinandersprechen, wie aber auch ein gemeinsames Teilen eines Rhythmus, einer Interaktion oder einer nonverbalen Kommunikation. Nach Buber handelt es sich um einen Dialog, wenn das Gegenüber (jeder der Teilnehmer*innen) „den oder die anderen in ihrem Dasein und Sosein wirklich meint und sich ihnen in der Intention zuwendet, dass lebendige Gegenseitigkeit sich zwischen ihm und ihnen stiftet“ (Buber, 1984, S. 166). Für die Entstehung eines Dialoges braucht es eine anerkennende Haltung und die Wahrnehmung des Anderen mit seinen Bedürfnissen, Auffassungen und Interessen. Dies ist nur in einer wirklichen Begegnung möglich, die Friedman wie folgt charakterisiert: „Ich begegne einem anderen – ich akzeptiere und bestätige ihn so wie er jetzt ist. [...]. Ich muss den anderen in seiner dynamischen Existenz mit seinen latenten Kräften wahrnehmen. Im Vorhandenen liegt das Verborgene, was noch werden kann“ (Friedman, 1987, S. 199; Auslassung AL). Diese Art des Dialoges erfolgt über das Medium Videokonferenz oft nicht in derselben Intensität wie bei einer realen Begegnung. Es sind nur Ausschnitte sichtbar, der Kommunikationsprozess über das Digitale verändert sich. Eine Kommunikation auf Augenhöhe ist technisch nicht möglich, entweder man schaut, wenn man spricht, in die Kamera oder auf den Bildschirm, beides zugleich geht nicht. Der Dialog muss in einer Videokonferenz in erster Linie über Sprache erfolgen, damit fehlen andere dialogische Elemente. In begrenztem Maße ist ein kleiner Ausschnitt von Mimik und Gestik wahrnehmbar, wenn man sie von den Gesprächspartner*innen sehen kann, während man parallel in die Kamera spricht. Eine Kontextualisierung mit den situativen Bedingungen des Gesprächs auf der Seite der Gesprächspartner*innen ist nicht möglich. Dies stellt eine große Differenz zu klassischer Kommunikation und Kooperationsbedingungen in Schule dar, denn dort sind alle, die kooperieren, zur gleichen Zeit am gleichen Ort und können die Situation - die Kontextbedingungen - gemeinsam teilen. Die Begegnung verändert sich im digitalen Setting. „Also die größte Herausforderung war natürlich, dass der persönliche Kontakt zur Gruppe komplett fehlte“ (X2). [22]

Diese veränderten Möglichkeiten des Dialoges und damit der Kommunikation wirken sich auf den Möglichkeitsraum für das pädagogische Handeln sehr stark aus. Die Begegnung mit dem Anderen im Dialog gibt Pädagog*innen erst die Möglichkeit, Lern- und Entwicklungsprozesse von Schüler*innen zu verstehen. Nach Jantzen impliziert Verstehen, dass ein „Akt der Berührung” des Anderen (Jantzen, 1999) vollzogen wurde. Dieses Verstehens bedarf es nach der Kulturhistorischen Theorie, um Schüler*innen in ihrem Lernprozess begleiten zu können, da Angebote unterbreitet werden müssen, die der Entwicklung vorausgehen im Sinne des Konzeptes der Zone der aktuellen und nächsten Entwicklung (Vygotskij, 1992). Nur wenn die Entwicklung verstanden wird, können Pädagog*innen Lernangebote unterbreiten, die mehr als ein Zufallstreffer sind (vgl. Langner & Jugel, 2019; Milker, 2020). Für dieses Verstehen braucht es das Begleiten im Lernprozess und die Wahrnehmung der Situation des Lernens. Ohne ein solches Begleiten ist es deutlich schwieriger, ein Feedback nur wirklich auf die Lern- und Entwicklungsprozesse zu beziehen und würde Schüler*innen im Lernprozess nur bedingt unterstützen können. [23]

Die fehlende Möglichkeit, die Lern- und Lebenssituation zu verstehen, führt zu einem stark experimentellen Setting: „Und halt zu sagen: Ich mache unterschiedliche Aufgabenstellungen und versuche, eigentlich die Unterschiedlichkeit die da zu Hause vorherrscht, irgendwo mit aufzufangen” (X4). Die Lehrerin beschreibt in Rückblick auf den ersten Lockdown, wenn sie Schüler*innen begleiten wolle, dann müsse sie ihren bisherigen Anspruch reduzieren: „Und das fand ich echt gut und ich habe mich halt auch echt davon verabschiedet, dass irgendwie da jetzt großartig ein Bildungsprozess laufen muss, der jetzt tatsächlich was mit dem Fach Deutsch zu tun hat. Weil ich einfach davon ausgegangen bin, die lernen so viele andere Sachen, irgendwie jetzt aufeinander Rücksicht nehmen und dieses große Stichwort Solidarität et cetera. Und das sind halt einfach Sachen gewesen, wo ich mir dachte: ‚Okay, das läuft von selbst irgendwo ab, weil die gezwungen sind. Die sind in dieser Situation und da muss ich jetzt nicht als Pädagoge noch mein Päckchen oben drauf tun.‘ Und habe eher versucht, da denen entgegenzukommen in dieser besonderen Situation, dieser Krisensituation, wie man sie ja gerne noch beschreibt” (X4). [24]

Die Einschätzungen der Lehrer*innen sind an dieser Stelle durchaus different: „Also ich konnte die Kinder immer dann, wenn sie sich an mich gewendet haben, genauso individuell begleiten, wie ich es eben hier tue. Voraussetzung war aber, dass sie eine Mail geschickt haben oder irgendwie in das Fach-Zoom reingegangen sind oder über den Stammgruppentreff irgendwas geäußert haben. Und den anderen Kindern, da habe ich also nicht gesehen, wie sie gearbeitet haben” (X1). Es wird deutlich, für die Entstehung des Dialoges braucht es reale Begegnungen der Schüler*innen. Der Zugang zum gemeinsamen Dialog ist nicht barrierearm, denn Lehrpersonen müssen nicht nur im digitalen Kontext konstant reflektieren: Gelingt der Lernprozess für das Subjekt, oder ist es hier lediglich das vermeintliche Gefühl, individuell über einen Dialog zu begleiten? Es fehlt ggf. das Kontextwissen, wie die Lehrerin verdeutlicht: [25]

„Also es gibt einfach Kinder, die brauchen da jemanden direkt neben sich und die können auch einfach so selbständig da nicht arbeiten. […] Und da frage ich mich halt im Nachhinein dann auch echt, also was kann man da noch irgendwie an der Kompetenzentwicklung dann tatsächlich beobachten? Weil das verschwindet halt einfach, so krass wie die Kinder zu Hause da unterstützt wurden oder halt nicht“ (X4). [26]

Reicht den Schüler*innen der Primarstufe wirklich der angebotene Dialog für die Kooperation, oder braucht es, wie durch u.a. dieses Zitat unterstrichen wird, zur Umsetzung des Dialoges und der Kooperation den haptischen Raum (vgl. Siebert, 2020, S. 201)? Dieser erfahrbare Raum des Dialoges kann durch das Digitale u.E. nicht kompensiert werden. Dies ist unabhängig davon, ob Schüler*innen mit dem Digitalen einen Umgang gefunden haben oder nicht: „Und halt tatsächlich die die mit diesem ganzen Digitalen und Fernunterricht überhaupt nicht klargekommen sind.” (X4). Während die Notwendigkeit unverfälschten Dialoges als Maxime menschlicher Interaktion betrachtet werden kann, können einige Kinder die Bedingungen des digitalen Mediums kompensieren. Die Lehrkraft unterstreicht dabei die Folgen der digitalen Betreuung auf Distanz für Kinder, die diese Kompensationsleistungen (noch) nicht beherrschen. [27]

Den Anderen in seiner Ganzheitlichkeit wahrzunehmen, hilft Schüler*innen, in den Dialog zu gehen. Wie bereits oben beschrieben, braucht es manchmal Impulse für den Dialog, die sich nicht nur der Sprache, sondern auch der Körperlichkeit bedienen, was über das Digitale nicht ermöglicht werden kann. Die Anwesenheit des Anderen zu spüren, sich des Anderen über die haptische Wahrnehmung zu versichern, ist für den Dialog bedeutsam, wie auch eben diese körperliche Anwesenheit und die Nutzung des Raums für pädagogisches Handeln relevant ist (siehe Diskussion Raum als dritter Pädagoge). Darauf weist auch die Einschätzung eines Vaters hin: „am Ende ist das eine Unterhaltung, aber kein Unterricht oder kein Informationsaustausch in dem Sinne gewesen“ (Y5). [28]

Resonanz und Kooperation unter den Coronamaßnahmen

Schulische Veränderungen sind nicht nur durch die stärkere Präsenz des Digitalen zu charakterisieren. Das Zurückkehren in die Schule nach dem Lockdown hat neue Ordnungen in der Schule eingeführt. Schüler*innen dürfen nur den direkten Mitschüler*innen begegnen, sie müssen Hygieneregeln befolgen und Abstand halten. Dies sind erschwerende Faktoren für Kooperationsprozesse. Wie aus pädagogischer Sicht die Maßnahmen gemeinsames Lernen erschweren, lässt sich sehr gut an der Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes verdeutlichen.2 Neben der Veränderung des Atmungsgefühls manipulieren Masken unsere Kommunikation(sfähigkeiten), und das weniger durch eingeschränkte auditive Reizschärfe als durch das Ausbleiben nonverbaler Marker. Der Mensch ist ein soziales Wesen (Vygotskij, 1987) und von Geburt an auf intersubjektiven Austausch fokussiert. Im frühkindlichen Alter orientieren wir uns erst auf das Erlernen polyrhythmischer Expressionen und den Bewegungsapparat, bevor wir Objekte in Form einer sekundären Intersubjektivität in den Austausch mit einbeziehen. Dabei sind mimische Reize neben Vokalisation und Gestik ein wichtiger Bestandteil von Resonanz- und Regulationsprozessen (Trevarthen & Aitken, 2001). [29]

Zu sehen ist ein Kind im direkten Blickkontakt mit einem Erwachsenen. Pfeile verbinden Reizgeber für Intersubjektivität beziehungsweise Schwingungskomponenten für Resonanz. Sie führen vom Mund zu Ohr und Auge, Auge zu Auge, Hand zu Hand und Auge.
Abbildung 1: Intersubjektivität durch Mimik und Gestik. (Aus Trevarthen & Aitken, 2001, S. 11; vgl. Steffens, 2019; 2020)

Dabei gilt das Gesicht der Bezugsperson als wichtigster Reiz und der Säugling ist auf diese Expressionen am meisten konzentriert - wenngleich der Augenkontakt hier maßgeblich dominiert (Shore, 2003, S. 55f.). Daraus leitet sich ab, warum die Masken, besonders, wenn sie kulturell nicht etabliert sind, als verfremdendes Element wahrgenommen werden können. Dies ist auch in unterrichtlichen Kontexten relevant, geht es doch auch dort um das gegenseitige (aber vermutlich lehrpersonzentrierte) Regulieren, Finden von Resonanz und letztlich Lesen von Emotionen. Schulinterne Sonderregelungen der Maskenpflicht sind somit, zumindest aus pädagogischer Perspektive, nachvollziehbar. Die Maskenpflicht zeigt zusätzlich erneut, dass marginalisierte Gruppen stets zuerst unter Krisen zu leiden haben. Die Masken bedecken das Vokalisationsorgan und damit einen essentiellen Orientierungsanker hör- und sprecheingeschränkter Menschen bzw. beschneiden den Expressionspool der (lautsprachlich begleiteten) Gebärdensprache massiv. Klarsichtmasken sollten zumindest im engen Umfeld der Betroffenen Kommunikation und Kooperation erleichtern, eine großflächigere Verteilung scheint momentan undenkbar, würde aber für mehr inklusive Gerechtigkeit sorgen und unterstützt wie gezeigt die Austauschprozesse aller Menschen. Da die Masken noch für unbestimmte Zeit fester Alltagsbestandteil bleiben werden, sollte über derartige Modelle ernsthaft nachgedacht werden. [30]

Kooperation und Professionalisierung

Die Gestaltung von Lernumgebungen ist nicht nur durch Kooperation zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen geprägt, sondern auch durch Kooperation zwischen Lehrer*innen. Sie ist in mehrfacher Hinsicht ein Professionalisierungsfaktor (Terhart, 2001) und sie wirkt sich direkt auf die Lernentwicklung der Schüler*innen aus (u.a. Crigan, 2019). Der anfangs bestimmte Begriff der Kooperation im Sinne der Kulturhistorischen Schule wird als Faktor für pädagogische Professionalität wie folgt charakterisiert: „Kooperation ist gekennzeichnet durch den Bezug auf andere, auf gemeinsam zu erreichende Ziele bzw. Aufgaben, sie ist intentional, kommunikativ und bedarf des Vertrauens. Sie setzt eine gewisse Autonomie der Akteur*innen voraus und ist der Norm von Reziprozität verpflichtet“ (Spieß, 2004, S. 199). Vor allem das Verhältnis von Autonomie und gemeinsamer Zielsetzungen ist in der Gestaltung von kooperativen Prozessen zwischen Lehrer*innen bedeutsam und stellt zugleich bisher in der Gestaltung von Schule - auch ohne Lockdownbedingungen - bereits eine Herausforderung dar. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist die Etablierung von schulischen Prozessen an der Realisierung von Unterricht ausgerichtet, dieser wird als diffuse Sozialtechnologie (Kuper, 2002, S. 857) oder als „zelluläre Organisation” (Lortie, 1975) beschrieben. Von der Gestaltung von Unterricht aus werden bisher keine strukturellen Bedingungen für die Organisation von Schule abgeleitet. Der Unterricht liegt in der Verantwortung einer Lehrkraft, dies hat nicht notwendigerweise etwas mit Zusammenarbeit zu tun (Altrichter, 1996), die Ausrichtung von schulischen Prozessen auf Unterricht kann sich jedoch günstig auf Kooperationsprozesse auswirken. Gräsel et al. (2006) leiten für die Zusammenarbeit von Lehrpersonen drei Formen von Kooperation her: den Austausch, die kooperative Arbeitsteilung und die Ko-Konstruktion. Die Umsetzung der jeweiligen Form wird von der vorherrschenden Schulorganisation beeinflusst. Diese kann Kooperation befördern, wie aber auch personelle Faktoren einen Einfluss haben können (vgl. Fussangel & Gräsel, 2012; Gräsel et al., 2006). [31]

Daran anschließend stellt sich die Frage, ob die pandemiebedingte Situation unterstützend für kooperative Prozesse zwischen Lehrer*innen wirkt oder eher hemmend? Im ersten Lockdown unterstützte sich das Kollegium untereinander vornehmlich emotional – die Vielfalt an Lösungsmöglichkeiten führte mancherorts zu „Einzelkämpfertum“ (Huber et al., 2020, S. 31ff.). Die von uns befragten Lehrer*innen formulieren die Situation, die durch das Nutzen von digitalen Tools entstanden ist, hinsichtlich der Herstellung von gemeinsamer Absprachezeit als einen Gewinn: [32]

„Also ich wohne sehr weit weg. Ich habe eine Stunde Fahrzeit und versuche diese online Meetings möglichst von Zuhause zu machen. Das heißt, ich muss hier auch relativ schnell weg, um pünktlich dort zu sein, dann die Technik hochfahren. […] Und man fühlt sich so ein bisschen gehetzt, aber es hat den Vorteil, dass ich dann in Ruhe, so, wie das die Schüler ja auch erleben, an meinem Schreibtisch eben noch mal ein paar Sachen erledigen kann. […] Also, ich mag es lieber dann direkt an meinem Schreibtisch oder in meinem Zimmer zu sitzen und das eben dann online zu verfolgen” (X1; Auslassung AL).

[33]

Aber wie bereits diese Lehrerin anspricht, die zeitliche und örtliche Flexibilität kann nicht als einziges Kriterium für Kooperation gelten, das Miteinander ins Gespräch kommen, die Herstellung von Reziprozität ist in dem virtuellen Raum beschwert. [34]

„Jeder hat heutzutage jetzt die Chance auch von zu Hause an irgendeiner Beratung teilzunehmen. Man sieht gar nicht mehr, ich sage jetzt mal, an Mimik und Gestik in Beratungen kann ich auch ganz viel nehmen. Und das sehe ich ja heute nicht mehr. Also, dass Kollegen, die vielleicht, wenn wir alle am Tisch sitzen würden, was sagen würden, die sagen plötzlich nichts mehr. Also ich nehme ganz viel auch so Monologe, Dialoge in den Beratungen teil, wo nur noch so, also dieses, mir fehlt dieses Miteinander und wir entscheiden so ein Stückchen gemeinsam. Also das fehlt mir gerade ein Stückchen” (X3).

[35]

Auch im Lehrer*innenkollegium gehen einige im Digitalen offenbar förmlich unter, wie es die Lehrer*innen für ihre Schüler*innen in der Videokonferenz bereits beschrieben haben: Ungleiche Teilhabe ist kein unterstützender Faktor für Kooperation. Fussangel & Gräsel (2012) formulieren drei Bedingungsfaktoren, die sich zwischen den Lehrpersonen herausbilden und dann unterstützend auf die Kooperation wirken: gegenseitiges Vertrauen, aktive Kommunikation und Reziprozität. Zugleich halten die beiden Autorinnen fest, dass Kooperation nicht per se in der Organisation von Schule vorgesehen ist, sondern bewusst gestaltet werden muss. Das Sich-Begegnen spielt für die hier interviewten Lehrpersonen möglicherweise eine bedeutende Rolle, wie auch Dizinger et al. in ihrer Studie zur Kooperation im Ganztag darlegen (2011). Andere Strukturen für Kooperation, wie das „Herstellen einer gemeinsamen Zielperspektive” (Gräsel et al., 2006, S. 215), wurden in dieser Schule bereits geschaffen, dennoch war über das Digitale nicht mehr das gemeinsame Lösen und Entwickeln für alle möglich. Bedarf Kooperation also nicht auch der punktuellen Versicherung des Gegenübers? Dies ist u.E. - auf der Basis der verwendeten Daten - über das Digitale nur sehr begrenzt möglich. Damit birgt das Digitale ggf. die Gefahr, eine Kooperation zwischen allen nur noch vorzutäuschen - denn sie erscheint im Gewand des gemeinsamen Teilens, obwohl es nur noch eine kleine Gruppe betrifft, die etwas gemeinsam aushandelt. Diese Form der Kooperation wird dann möglicherweise keinen Effekt im Sinne der Steigerung des professionellen Handelns (York-Barr, Ghere & Sommerness, 2007) aufweisen. Dies lässt sich so interpretieren, dass die, mit der Kooperation im Kontext von Professionalisierung stehende, kollektive Reflexion (Berkemeyer, Järvinen, Otto & Bos, 2011) nur noch eine der aktiv Beteiligten ist, denn nur bei ihnen erfolgt die Etablierung des „für sich” stehen über die Diskussion desan sich” mit den Anderen, indem sie erfahren was es „für andere ist” (siehe auch Lerntätigkeit Giest & Lompscher, 2006). Zudem gewinnt kollektive Reflexion an Qualität über eine Vielzahl anderer Perspektiven, wenn sich nur noch wenige Lehrpersonen in der Diskussion aktiv beteiligen, verringern sich ggf. die Perspektiven, wie auch die Expertise, die geteilt werden kann, was ein Bestandteil des Professionalisierungsfaktors Kooperation ist (Baeten & Simons, 2014). [36]

Wir erlauben uns in der Folge der Argumentation die These: dass für die Ermöglichung von Kooperation als Ko-Konstruktionen folgende Dimensionen auch in der Schulorganisation zu berücksichtigen sind. Die Dimension, die [37]

  • das Aushandeln zwischen Autonomie der Lehrer*innenrolle und Gleichwertigkeit des Handelns, wie es Lortie (1975) beschreibt, ermöglicht

  • die gemeinsame Zielsetzung, wie es Gräsel et al. (2006) bestimmt, unterstützt und

  • einer Reziprozität, über die eine Resonanz zwischen den Lehrer*innen hergestellt werden kann, entspricht. [38]

Wie sich die Distanz zur Schule auf die Selbstbestimmung des Individuums auswirkt

Es kristallisiert sich ein Dilemma für Lehrkräfte heraus: sie fühlen sich einerseits den Individuen ihrer Klasse - nicht zuletzt auf Grund ihrer hoffentlich ausgeprägten Bindung (Lanwer, 2006, S. 42) - verpflichtet, die für die persönliche Entwicklung einschneidenden Restriktionen des Lockdowns abzufedern. Andererseits müssen sie sich fragen, wie sie die externen Periodisierungen der Schulbiographie (Prüfungen, Zeugnisse, Lehrpläne) pflichtgemäß trotz Pandemie umzusetzen gedenken. So wichtig Krisen für eine Persönlichkeitsentwicklung sind (Vygotskij, 1987; vgl. Langner, 2009), so inhibierend können sie bei ausbleibenden Resonanz- und Kooperationsprozessen wirken. Gleichzeitig fungieren die externen Rahmenbedingungen als Druckelement, pädagogisch-didaktische Entscheidungen, besonders hinsichtlich der objektbezogenen Vermittlung, hinsichtlich ihrer Legitimität zu hinterfragen. Lehrkräfte müssen zwischen den gesellschaftlichen, schulischen und aus dem pädagogischen Rollenbild geprägten Vorgaben balancieren: [39]

„Tatsächlich hat mich ausgehend von dem Shutdown bis hin jetzt zur Wiedereröffnung [...] es [...] echt motiviert, mich eigentlich von dieser Verpflichtung zu lösen, jetzt irgendwelche Inhalte zu haben. Und mehr Schule vom Kind aus zu denken und zu überlegen: Welche Bildungsprozesse sind denn wirklich wichtig und was braucht man eigentlich? Wenn man jetzt auch überlegt, falls irgendwie so was wiederkommen sollte. [...] Und da habe ich jetzt versucht, aktiv die Kinder zu unterstützen, dass die selbständig, selbstgesteuert irgendwie in so einer besonderen Situation klarkommen können. Also besser auf jeden Fall” (X4; Auslassung CM).

[40]

Diese Priorisierung der Lehrerin deckt sich mit dem Humboldtschen Bildungsideal: „Der wahre Zweck des Menschen [...] ist die höchste und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen. Zu dieser Bildung ist Freiheit die erste und unerlässliche Bedingung. Allein außer der Freiheit erfordert die Entwicklung der menschlichen Kräfte noch etwas andres, obgleich mit der Freiheit eng verbundenes, Mannigfaltigkeit der Situationen“ (Humboldt, 1960 nach Schneuwly, 2018, S. 281; Auslassung BS). Die geforderten Maxime von Freiheit und Mannigfaltigkeit sind während Schulschließungen anders zwischen Lehrperson und Schüler*in zu verhandeln als im regulären Schulalltag. Das - je nach Perspektive - vermittelnde bzw. kontrollierende Korrektiv ändert sich von der institutionell getragenen Lehrperson zum privaten Milieu umgebender sozialer Bezugspersonen und damit Kooperationspartner*innen (Eltern, Geschwister etc.). Somit erhöhen sich die Aushandlungspartner*innen und durch die „zwischengeschalteten“ Bezugspersonen verzerrt sich der Möglichkeitsraum. Der Einfluss der Schule als „Bindeglied zwischen Familie und Gesellschaft” (Blömeke & Herzig, 2009, S. 1) verändert sich. In manche Aussagen der Lehrkräfte könnte man bzgl. der relationalen Verschiebungen eine gewisse Ohnmacht interpretieren: [41]

„Also natürlich kann ich den Kindern ein Arbeitsblatt geben und sagen: ‚Macht das mal.‘ Dann kann ich mir einfordern, dass sie mir das zurückschicken, aber ich weiß nicht, wie haben die das erledigt? Haben sie sich alleine hingesetzt und das alleine erledigt? Haben die Eltern dabeigesessen und Tipps gegeben? Oder hat das der große Bruder gemacht? Keine Ahnung. Und all das konnte ich nie überprüfen” (X2).

[42]

Bezeichnend ist dabei, dass die scheinbar nicht valide Kontrollmöglichkeit durch die Lehrperson wegen unsicherer Urheberschaft häufig dazu führte, mit der Auswahl von Lerninhalten deutlich flexibler umzugehen, so gab eine Lehrkraft den Eltern den Hinweis: [43]

„Suchen Sie sich das raus, was Ihrem Kind am nächsten kommt. Suchen Sie sich das raus, was Sie denken, wie Sie das mit Ihrem Kind schaffen können oder dass Ihr Kind das schaffen kann. Lernen Sie möglichst mit Ihrem Kind alltagstreu, also suchen Sie sich was, was Ihrem Kind auch im Alltag begegnet. Also Hausarbeit, Gartenarbeit. Also all die Dinge, für die, wenn man normal arbeiten geht, glaube ich, in Wirklichkeit sehr, sehr wenig, sehr, sehr viel weniger Zeit geblieben wäre, was jetzt möglich war. Also ich habe, sehe das auch als Möglichkeit, dass Kinder sich einfach in Corona-Zeiten mit Dingen beschäftigen konnten und durften, was sie so in der Zeit sicherlich nicht gemacht hätten. Weil welches Kind hätte, wenn es normal zur Schule gegangen wäre, die Möglichkeit gehabt, ein Baumhaus zu bauen oder eigene Lehmziegel herzustellen?” (X3).

[44]

U.E sehen wir in der Darlegung der Lehrperson eine durch äußere Umstände induzierte Rückbesinnung auf entwicklungstheoretische Lernideale. Durch die Beschulung zu Hause scheint die vermittelte Bildung subjektgesteuerter und nähert sich dem ursprünglichen Verständnis von Lernen als selbstbestimmte Welterschließung wieder an. In dem Moment, in dem das Kind sich selbst in ihrer*seiner Lebenswelt scheinbar schulferne Aktivitäten sucht und sie hinsichtlich ihrer Kontexte (u.a. Habig, van Vorst & Sumfleth, 2018) als Lerngegenstand begreift, erkennt man ihre*seine eigenen Sinnstrukturen an und oktroyiert nicht nach institutionalisierten Bedingungen. Nach Leont‘ev (1979) entsteht der Sinn im Leben in den eigenen Erfahrungen, er ist jedoch nur über die gesellschaftliche Bedeutung teilbar. Nur so können nachhaltige motivationale Strukturen beim Lernen entwickelt werden: Der Sinn ist die „Gedächtnisstruktur des emotionalen Apparates” (Jantzen, 1992 nach Steffens, 2020, S. 73). Aufgabe einer Lehrperson ist es, das Fundamentale und Elementare (Klafki, 1964), welches in Schulfächern als „Zugriffsform auf gesellschaftliches Wissen” (Giel, 1997, S. 33f.) institutionalisiert ist, so darzubieten, dass sich für das Subjekt ein Möglichkeitsraum für die Etablierung neuer Sinnstrukturen ergibt. Das Kooperative dient als Brücke entlang des Gemeinsamen Gegenstandes. Fehlt die Lehrperson als domänenspezifische Kooperationspartner*in und die Peers, die eventuell uninteressant anmutende Themen durch den gemeinsamen Prozess (Feuser, 1989) zugänglich gestalten können, verändert sich der Möglichkeitsraum. Die sozialen Bezugspersonen des häuslichen Umfelds weisen eine andere objektbezogene Spezifik auf, die sich automatisch auf den Aneignungsprozess (Leont’ev, 1973) des Kindes auswirkt. Das dargelegte Beispiel skizziert dabei nichts anderes als den Besuch eines nicht didaktisierten außerschulischen Lernorts (u.a. Gaedtke-Eckardt, 2007). [45]

Daraus lässt sich ableiten, dass der Lernprozess ggf. auch sonst selbstbestimmter und weniger streng entlang und durch Schulfächer und Lehrpläne gestaltet werden müsste. Allerdings entfällt damit keineswegs die Relevanz fachlich gebildeter Lehrkräfte. „Das Fach unterwirft, wenn man so will, das Wissen den Bedingungen unserer sinnlichen Existenz” (Giel, 1997, S. 35f.). Um dies pädagogisch begleitet leisten zu können, also gemäß des Möglichkeitsraumes der Zone der nächsten Entwicklung die Sinnstrukturen der Kinder individuell zu berühren, braucht es ein hohes domänenspezifisches fachliches und didaktisches Wissen auf der Seite der Lehrperson. Mit derzeitig etablierten objekt- und lehrer*innenzentrierten Unterrichtsformaten in vollen Klassen bleibt das jedoch schwerlich umsetzbar. Das „natürlichere” Lernen zu Hause nach frei gewählten Themen mit den sozialen Bezugspersonen simuliert dabei im kleinen Maßstab Binnendifferenzierung bzw. Lernen am Gemeinsamen Gegenstand, vorausgesetzt, es ist eine gemeinsame und nicht nur lediglich betreute Erschließung der Wirklichkeit. [46]

Unserer Interpretation zufolge ist davon auszugehen, dass zumindest aus dieser, zum Teil als befreiend empfundener Erfahrungen der Lehrpersonen, positive Elemente für zukünftige Lehr-Lernsettings extrahiert werden können. Das damit einhergehende Dilemma zwischen der Allokations- und Bildungsfunktion von Schule, im Zwiespalt zwischen gesellschaftlichen Standards und individuell sinnhafter Beschäftigung kann nicht gelöst werden. Die Erkenntnis jedoch, wie selbstbestimmtes Lernen funktionieren kann, bereichert das pädagogische Portfolio aller Lehrpersonen und fordert einmal mehr u.E. dazu auf, über die Funktionen von Schule nachzudenken. [47]

„Das, was ich positiv beibehalten würde, [...] dass sie eigene Projekte haben dürfen, die sie völlig losgelöst von schulischen Inhalten eben anfangen und wo sie über diesen Weg dann in Themen einsteigen, die vielleicht nicht gerade im Lehrplan Klasse fünf sind“ (X1; Auslassung CM).

[48]

Bildung hilft, die Krise zu bewältigen

„Also eine Belastung war es ja für alle Beteiligten. Ob es jetzt die Erwachsenen sind, die irgendwie Arbeit und Homeschooling unter einen Hut bringen müssen, ob es die Kinder waren, die einfach für sich, sich das auch anders vorgestellt haben und auch eigentlich lieber in die Schule gehen wollen. Insgesamt, es war eine intensive Zeit, aber, ja, mit plötzlich ganz anderen Themen als vielleicht normal“ (Y2).

[49]

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie verändern institutionelle Strukturen, zugleich betreffen diese Veränderungen weltweit Individuen in ihrem privaten Mikrokosmos. Eine medizinisch-virologische Einordnung muss dabei den entsprechenden Fachexpert*innen vorbehalten bleiben. Die öffentliche Debatte dazu erlaubt und erfordert u.a. sozial- und erziehungswissenschaftliche Betrachtungen, so ist auch der hier vorliegende Beitrag zu verstehen. Die Erziehungswissenschaft muss partizipieren: Nicht nur, weil die Bedingungen von Schule sich verändert haben und damit neu Antworten gefunden werden müssen, sondern auch, weil eine Bewältigung der Pandemie kollektives Handeln erfordert. Durch den exponentiellen Viruscharakter zählt beispielsweise jedes Individuum, dessen eigenständiges Handeln direkt positive wie negative Auswirkungen auf Infektionszahlen haben kann. Neue Normen müssen entwickelt und akzeptiert werden - Pädagogik muss helfen, die nicht vorhandene Zeit, in der sich derartige Prozesse über Generationen normalerweise entwickeln, zu kompensieren. [50]

Das Dargelegte kann und muss auch als Krise der Bildung in Schule betrachtet werden. Abstrahiert man Fends (2011) etabliertes Modell der Schulfunktionen, kann von zwei Adressaten der Schule gesprochen werden: der Gesellschaft (Allokation, Qualifikation und Enkulturation) und dem Individuum (Erziehung). Die Krise zeigt, dass eine systemische Funktionalität unabdingbar ist, dies impliziert, dass diese Funktionen nach ihrem Bildungswert dringend untersucht werden sollten und dass jene Situationen – eine Krise – ohne kooperative Prozesse weder für das Kollektiv noch das Individuum gelöst werden können. [51]

Abschließend greifen wir unsere Anfangsfrage auf: Wie gut kann es Schule gelingen, sich selbst digital delokalisiert, dezentralisiert und teils asynchronisiert neu zu erfinden mit Blick auf Kooperation zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen? Die veränderte Situation durch den ersten Lockdown war im Sinne der Kulturhistorischen Theorie eine Krise für Schule. Diese inhibiert individuelle Entwicklung und bedingt Rückschritte in der Beziehungsarbeit. Die Nutzung des Digitalen erhöht die Voraussetzungen von Teilhabe und sie schafft Ausschluss für all diejenigen, die stärker auf original authentische Begegnungen angewiesen sind. Wenngleich die Krise nachhaltig Anlass für die Erneuerung unzeitgemäßer Bildungsprozesse werden könnte, bleibt zu befürchten, dass sich die Bildungsungleichheit – wenngleich die Empirie hier unmittelbar zu uneindeutigen Schlüssen kommt (Frohn, 2020, S. 80f.⁠; Unger, Krämer & Wacker, 2020, S. 96f.) – mittelfristig durch die verschiedenen Ausgangsbedingungen und Betreuungsverhältnisse intensivieren wird. [52]

Der in diesem Beitrag zu grundgelegten Kooperationsbegriff entspricht der Kooperation, die Fussangel & Gräsel als Ko-Konstruktion bezeichnen. Denn nur bei dieser Form erfolgt eine gemeinsame Lösung von Herausforderungen, ein Aufeinanderbeziehen und das Etablieren neuer Handlungsroutinen (Fussangel & Gräsel, 2012, S. 211).
Charakteristisch für das föderale Bildungssystem und die unterschiedlichen Infektionszahlen handelten die Bundesländer mit dem Start in das Schuljahr 2020 nach sehr unterschiedlichen Hygienemaßnahmen. Lage und Beschlüsse scheinen dabei sehr fragil, auch im Anschluss der Herbstferien wollen Schulen auf eine Maskenpflicht zum Abfedern möglicher Risikoreisen setzen. Inzwischen diskutieren Ministerien, Gewerkschaften, Schulen und Virolog*innen um eine Balance zwischen Sicherheit, angenehmer Lernatmosphäre und Praktikabilität.

Literatur

  1. Altrichter, H. (1996). Der Lehrerberuf: Qualifikationen, strukturelle Bedingungen und Professionalität. In W. Specht & J. Thonhauser (Hrsg.), Schulqualität. Entwicklungen, Befunde, Perspektiven (S. 96–172). Innsbruck: Studien Verlag.
  2. Baeten, M. & Simons, M. (2014). Student teachers’ team teaching: models, effects, and conditions for implementation. Teaching and Teacher Education, 41, 92–110. doi: 10.1016/j.tate.2014.03.010.
  3. Berkemeyer, N., Järvinen, H., Otto, J. & Bos, W. (2011). Kooperation und Reflexion als Strategien der Professionalisierung in schulischen Netzwerken. In W. Helsper & R. Tippelt (Hrsg.), Pädagogische Professionalität (S. 225–247). Weinheim: Beltz.
  4. Blömeke, S. & Herzig, B. (2009). Schule als zu gestaltende Institution - ein systematischer Überblick über aktuelle und historische Schultheorien. In S. Blömeke, T. Bohl, L. Haag, G. Lang-Wojtasik & W. Sacher (Hrsg.), Handbuch Schule. Theorie – Organisation – Entwicklung (S. 15–28). Bad Heilbrunn: Klinkhardt/UTB.
  5. Breidenstein, G. (2009). Die Lehrperson als Ressource der Schülerkultur. In H. de Boer & H. Deckert-Peacemann (Hrsg.), Kinder in der Schule (S. 137–158). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. doi: 10.1007/978-3-531-91551-7.
  6. Bremm, N. & Racherbäumer, K. (2020). Dimensionen der (Re-)Produktion von Bildungsbenachteiligung in sozialräumlich deprivierten Schulen im Kontext der Corona-Pandemie. In D. Fickermann & B. Edelstein (Hrsg.), Langsam vermisse ich die Schule .... Schule während und nach der Corona-Pandemie (S. 202–215). Münster: Waxmann. doi: 10.31244/9783830992318.13.
  7. Buber, M. (1984). Das dialogische Prinzip. Heidelberg: Lambert Schneider.
  8. Crigan, J. (2019). A Framework for the Study of Collaborative Teams in Education [Dissertation] Abgerufen unter: http://hdl.handle.net/11343/226881.
  9. de Boer, H. (2009). Peersein und Schülersein – ein Prozess des Ausbalancierens. In H. de Boer & H. Deckert-Peacemann (Hrsg.), Kinder in der Schule (S. 105–118). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. doi: 10.1007/978-3-531-91551-7.
  10. de Boer, H. & Deckert-Peacemann, H. (2009). Kinder und Schule – Rekonstruktionen der kindlichen Perspektive und ihre Bedeutung für die schulische Ordnung. In H. de Boer & H. Deckert-Peacemann (Hrsg.), Kinder in der Schule (S. 21–34). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. doi: 10.1007/978-3-531-91551-7.
  11. Deckert-Peacemann, H. (2009). Zwischen Unterricht, Hausaufgaben und Freizeit. Über das Verhältnis von Peerkultur und schulischer Ordnung in der Ganztagsschule. In H. de Boer & H. Deckert-Peacemann (Hrsg.), Kinder in der Schule (S. 85–103). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. doi: 10.1007/978-3-531-91551-7.
  12. Dizinger, V., Fussangel, K. & Böhm-Kasper, O. (2011). Interprofessionelle Kooperation an Ganztagsschulen aus der Perspektive der Lehrkräfte. Wie lässt sie sich erfassen und wie wird sie im schulischen Belastungs- und Beanspruchungserleben bewertet?. In K. Speck, T. Olk, O. Böhm-Kasper, H.-J. Stolz & C. Wiezorek (Hrsg.), Ganztagsschulische Kooperation und Professionsentwicklung. Studien zu multiprofessionellen Teams und sozialräumlicher Vernetzung (S. 114–127). Weinheim: Juventa.
  13. Fend, H. (2011). Die sozialen und individuellen Funktionen von Bildungssystemen: Enkulturation, Qualifikation, Allokation und Integration. In S. Hellekamps, W. Plöger & W. Wittenbruch (Hrsg.), Handbuch der Erziehungswissenschaft (S. 41–53). Paderborn: Schöningh.
  14. Feuser, G. (1989). Allgemeine integrative Pädagogik und Entwicklungslogische Didaktik. Zeitschrift für Behindertenpädagogik, 28(1), 4–48.
  15. Friedman, M. S. (1987). Der heilende Dialog in der Psychotherapie. Köln: Ed. Humanist. Psychologie.
  16. Frohn, J. (2020). Bildungsbenachteiligung im Ausnahmezustand. Ergebnisse einer Lehrkräftebefragung zur Verschärfung von Bildungsbenachteiligung im Lehren und Lernen auf Distanz. Zeitschrift für Schul- und Professionsentwicklung, 2(6), 60–83. doi: 10.4119/PFLB-3908.
  17. Fussangel, K. & Gräsel, C. (2012). Lehrerkooperation aus Sicht der Bildungsforschung. In E. Baum, T.-S. Idel & H. Ullrich (Hrsg.), Kollegialität und Kooperation in der Schule. Theoretische Konzepte und empirische Befunde (S. 29–40). Wiesbaden: Springer VS.
  18. Gaedtke-Eckardt, D.-B. (Hrsg.). (2007). Außerschulische Lernorte. Studenten schreiben für Studenten und Referendare(1). Hildesheim: Franzbecker.
  19. Giel, K. (1997). Zur Philosophie der Schulfächer. In L. Duncker & W. Popp (Hrsg.), Über Fachgrenzen hinaus. Chancen und Schwierigkeiten des fächerübergreifenden Lehrens und Lernens I: Grundlagen und Begründungen (S. 33–71). Heinsberg: Dieck.
  20. Giest, H. & Lompscher, J. (2006). Lerntätigkeit - Lernen aus kulturhistorischer Perspektive. Ein Beitrag zur Entwicklung einer neuen Lernkultur im Unterricht. Berlin: Lehmanns Media.
  21. Glaser, B. & Strauss, A. (1998). Grounded Theory. Strategien qualitativer Forschung. Bern: Huber.
  22. Gräsel, C., Fussangel, K. & Pröbstel, C. (2006). Lehrkräfte zur Kooperation anregen - eine Aufgabe für Sisyphos?. Zeitschrift für Pädagogik, 52(2), 205–219.
  23. Habig, S., van Vorst, H. & Sumfleth, E. (2018). Merkmale kontextualisierter Lernaufgaben und ihre Wirkung auf das situationale Interesse und die Lernleistung von Schülerinnen und Schülern. ZfDN, 24(1), 99–114. doi: 10.1007/s40573-018-0077-8.
  24. Harring, M., Böhm-Kasper, O., Rohlfs, C. & Palentien, C. (2010). Peers als Bildungs- und Sozialisationsinstanzen – eine Einführung in die Thematik. In M. Harring, O. Böhm-Kasper, C. Rohlfs & C. Palentien (Hrsg.), Freundschaften, Cliquen und Jugendkulturen (S. 9–20). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  25. Holodynski, M. (2006). Die Entwicklung der Leistungsmotivation im Vorschulalter. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 38(1), 2–17. doi: 10.1026/0049-8637.38.1.2.
  26. Huber, S. G., Helm, C., Günther, P. S., Schneider, N., Schwander, M., Pruitt, J. & Schneider, J. A. (2020). COVID-19: Fernunterricht aus Sicht der Mitarbeitenden von Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zeitschrift für Schul- und Professionsentwicklung, 2(6), 27–44. doi: 10.4119/PFLB-3967.
  27. Jantzen, W. (1999). Rehistorisierung. Zu Theorie und Praxis verstehender Diagnostik geistig behinderter Menschen. Abgerufen unter: http://bidok.uibk.ac.at/library/beh6-99-rehistorisierung.html.
  28. Klafki, W. (1964). Das pädagogische Problem des Elementaren und die Theorie der kategorialen Bildung (4. Auflage). Weinheim: Julius Beltz.
  29. Krappmann, L. (2010). Prozesse kindlicher Persönlichkeitsentwicklung im Kontext von Gleichaltrigenbeziehungen. In M. Harring, O. Böhm-Kasper, C. Rohlfs & C. Palentien (Hrsg.), Freundschaften, Cliquen und Jugendkulturen (S. 187–222). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  30. Kuper, H. (2002). Stichwort: Qualität im Bildungssystem. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 5(4), 533–551. doi: 10.1007/s11618-002-0030-x.
  31. Langner, A. (2009). Behindertwerden in der Identitätsarbeit. Fallrekonstruktionen von Jugendlichen mit geistiger Behinderung. Wiesbaden: Springer VS.
  32. Langner, A. & Heß, M. (2020). Die Universitätsschule Dresden – Das Schulkonzept. WE_OS-Jahrbuch, 3(1), 11–36. doi: 10.4119/we_os-3340.
  33. Langner, A. & Jugel, D. (2019). Ohne Verstehen kein pädagogisches Handeln - Diagnostik im Kontext von Inklusion. In A. Langner, M. Ritter, J. Steffens & D. Jugel (Hrsg.), Ohne Verstehen kein pädagogisches Handeln - Diagnostik im Kontext von Inklusion (S. 133–150). Wiesbaden: Springer VS.
  34. Lanwer, W. (2006). Diagnostik. Methoden in Heilpädagogik und Heilerziehungspflege. Troisdorf: Bildungsverlag EINS.
  35. Leont’ev, A. N. (1973). Probleme der Entwicklung des Psychischen. Berlin: Volk und Wissen.
  36. Leont’ev, A. N. (1979). Tätigkeit, Bewusstsein, Persönlichkeit. Berlin: Volk und Wissen.
  37. Lortie, D. C. (1975). Schoolteacher – a sociological study. Chicago: University Press.
  38. Mannewitz, K. (2019). Normative Vorstellungen und deren Auswirkungen in der Institution Schule. In A. Langner, M. Ritter, S. Steffens & D. Jugel (Hrsg.), Inklusive Bildung forschend entdecken. Das Konzept der kooperativen Lehrer*innenbildung (S. 113–132). Wiesbaden: Springer VS.
  39. Milker, C. (2020). Förderung der diagnostischen Kompetenz in der Lehrer*innenbildung. In S. Habig (Hrsg.), Naturwissenschaftliche Kompetenzen in der Gesellschaft von morgen (S. 274–277). Universität Duisburg-Essen: Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik. Abgerufen unter: https://gdcp-ev.de/?page_id=3368.
  40. Nirje, B. (1974). Das Normalisierungsprinzip und seine Auswirkungen in der fürsorgerischen betreuung. In R. Kugel & W. Wolfensberger (Hrsg.), Geistig Behinderte – Eingliederung oder Bewahrung? (S. 33–46). Stuttgart: Thieme.
  41. Nugel, M. (2014). Erziehungswissenschaftliche Diskurse über Räume der Pädagogik. Wiesbaden: Springer Fachmedien. doi: 10.1007/978-3-658-05203-4.
  42. Reh, S. & Labede, J. (2009). Soziale Ordnung im Wochenplanunterricht. In H. de Boer & H. Deckert-Peacemann (Hrsg.), Kinder in der Schule (S. 159–176). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. doi: 10.1007/978-3-531-91551-7.
  43. Röhner, C. (2009). Kinder zwischen Gleichaltrigenkultur und schulischer Ordnung oder: Verpasste Chancen im Übergang vom Elementar- zum Primarbereich. In H. de Boer & H. Deckert-Peacemann (Hrsg.), Kinder in der Schule (S. 51–70). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. doi: 10.1007/978-3-531-91551-7.
  44. Schneuwly, B. (2018). Schulfächer: Vermittlungsinstanzen von Bildung. Zeitschrift für Erziehungswissenschaften, 21(2), 279–298. doi: 10.1007/s11618-018-0808-0.
  45. Shore, A. N. (2003). Zur Neurobiologie der Bindung zwischen Mutter und Kind. In H. Keller (Hrsg.), Handbuch der Kleinkindforschung (S. 49–80). Bern: Huber.
  46. Siebert, M. (2020). Beherztes körperliches Eingreifen und der Wert von Berührung im schulischen Kontext. Antworten aus einem Workshopangebot zu Handlungsoptionen vor, während und nach der Pandemie. Zeitschrift für Schul- und Professionsentwicklung, 2(6), 193–206. doi: 10.4119/PFLB-3906.
  47. Spieß, E. (2004). Kooperation und Konflikt. In H. Schuler (Hrsg.), Organisationspsychologie – Gruppe und Organisation (S. 193–247). Göttingen: Hogrefe.
  48. Steffens, J. (2019). Der Mensch lernt nicht mit einem Gehirn, sondern mit vielen Gehirnen in Gesellschaft. (Neuro-)Psychologische Grundlagen für die Gestaltung inklusiven Unterrichts. In A. Langner, M. Ritter, S. Steffens & D. Jugel (Hrsg.), Inklusive Bildung forschend entdecken. Das Konzept der kooperativen Lehrer*innenbildung (S. 31–76). Wiesbaden: Springer VS.
  49. Steffens, J. (2020). Intersubjektivität, soziale Exklusion und das Problem der Grenze. Zur Dialektik von Individuum und Gesellschaft. Psychosozial-Verlag. doi: 10.30820/9783837976731.
  50. Störmer, N. (2013). Du störst! Herausfordernde Handlungsweisen und ihre Interpretation als Verhaltensstörung. Berlin: Frank & Timme.
  51. Terhart, E. (2001). Lehrerberuf und Lehrerbildung – Forschungsbefunde, Problemanalysen, Reformkonzepte. Weinheim: Beltz.
  52. Trevarthen, C. & Aitken, K. J. (2001). Infant Intersubjectivity. Research, Theory, and Clinical Applications. The Journal of Child Psychology and Psychiatry and Allied Disciplines, 42(1), 3–48. doi: 10.1017/S0021963001006552.
  53. Unger, V., Krämer, Y. & Wacker, A. (2020). Unterricht während der Corona-Pandemie. Ein Vergleich von Schülereinschätzungen aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen im Kontext sozialer Heterogenität. Zeitschrift für Schul- und Professionsentwicklung, 2(6), 84–99. doi: 10.4119/PFLB-3907.
  54. Vygotskij, L. (1987). Ausgewählte Schriften. Berlin: Volk und Wissen.
  55. Vygotskij, L. (1992). Geschichte der höheren psychischen Funktionen. Münster: Lit.
  56. Wagner-Willi, M. (2005). Kinder-Rituale zwischen Vorder- und Hinterbühne. Der Übergang von der Pause zum Unterricht. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  57. York-Barr, J., Ghere, G. & Sommerness, J. (2007). Collaborative teaching to increase ELL student learning: A three-year urban elementary case study. Journal of Education for Students Placed at Risk, 12(3), 301–335. doi: 10.1080/10824660701601290.

Kontakt:

Clemens Milker, Technische Universität Dresden, Institut für Erziehungswissenschaft, Weberplatz 5, 01217 Dresden
E-Mail: clemens.milker@tu-dresden.de

Zitation:

Langner, A. & Milker, C. (2021). Corona - eine Krise für die Kooperation? QfI - Qualifizierung für Inklusion, 3(1), doi:

Eingereicht:

15.10.2020