Schule wandeln, dialogisch handeln. Das Aktionsforschungsprojekt SHARMED

Changing sides in dialogue, changing tides in schools. The SHARMED project approach and output

Autor/innen

  • Luisa Conti Friedrich-Schiller-Universität Jena

DOI:

https://doi.org/10.21248/qfi.19

Schlagworte/Keywords

Agency, Dialogische Haltung, Dialogische Prozessmoderation, Heterogenität, Migrationshintergrund, Inklusion, Partizipation, dialogic learning, diversity, migration background, inclusion, facilitation, participative pedagogy

Zusammenfassung

Im Rahmen des ERASMUS+-Aktionsforschungsprojektes SHARMED wurden didaktische Werkzeuge entwickelt, um Lehrende darin zu unterstützen, ihrem Auftrag in Zeiten der Inklusion gerecht zu werden. Dabei will SHARMED zu einem Perspektivenwechsel beitragen, bei dem die Diversität der Schüler*innen nicht als eine Herausforderung gesehen wird, die bewältigt werden muss, damit die Schüler*innen bestimmte Kompetenzen erwerben und Inhalte aufnehmen können. SHARMED legt den Fokus stattdessen auf das viel zu selten wahrgenommene, kommunizierte und ausgelebte Bereicherungspotenzial, das in dieser Diversität steckt und lädt ein, Raum dafür zu schaffen. SHARMED setzt auf die dialogische Haltung, wodurch Lernende zu Protagonist*innen des Lernprozesses werden, und ihn aktiv mitgestalten. Um die dazu notwendige Agency der Schüler*innen zu fördern, wurden sowohl die Techniken der dialogischen Prozessbegleitung erforscht, als auch die folgende Methode konzipiert und getestet: Anhand eigener, zu diesem Zweck selbst ausgewählter und mitgebrachter Bilder haben Schüler*innen eigene Erinnerungen erzählt, welche dann als Ausgangspunkt für Dialoge genutzt wurden. In diesem Artikel wird ein solcher Austauschprozess konversationsanalytisch untersucht und so gezeigt, wie bestimmte, die pädagogische Praxis prägende kommunikative Handlungen der Inklusion entgegenstehen. Gleichzeitig wird auch eine konkrete Vorstellung von der konversationsanalytischen Forschungsarbeit und den Materialien vermittelt, die zum Zweck der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften frei zur Verfügung stehen. Die Nutzung der Aufnahmen und Transkriptionen der Dialoge ermöglicht es Lehrenden, sich über die Auswirkung kommunikativer Handlungen auf den pädagogischen Prozess bewusst zu werden. Darüber hinaus geben die Materialien einerseits Impulse zur Selbstreflexion und vermitteln andererseits Wissen und konkrete Ideen, um die Arbeit in Klassenzimmer inklusiver zu gestalten.

Abstract

In the context of the Erasmus+ research action project SHARMED (SHARed MEmories and Dialogues, 2016-2018) we developed and tested an innovative form of inclusive, participative pedagogy. In this method, pupils were asked to select or create an image of their own choosing as a starting point for description, comparison and sharing of memories, a process which facilitated dialogic communication. The SHARMED method invites teachers to take the call for inclusion seriously: to reconsider their roles and those of their students. Pupils should not be considered empty boxes waiting to be filled, but are rather already brimming with experience, ready to be discovered. SHARMED understands students as active constructors of knowledge, encouraging them to share their thoughts, ideas, and backgrounds through collective narratives. Teachers have a responsibility to enhance this agency. Through conversation analysis we were able to better understand the process of facilitation, a dialogic way of teaching which can be included in teacher training and professional development. In this paper we look at a specific interaction which took place in a 6th grade class in Germany. Close observation of the communicative acts of the teacher, as well as the consequent reactions of the students, provides educators with the chance to critically reflect upon their approaches. Moreover, the project offers knowledge and ideas on how to enhance inclusive practices in classrooms.

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Veröffentlicht

2019-12-05

Einleitung

Mit dem gemeinsamen Beschluss von HRK und KMK wird 2015 die Wende vom engen zum erweiterten Verständnis von Inklusion ratifiziert. Die Besonderheit aller einzelnen Schüler*innen wird anerkannt und somit die bis dahin angenommene Linie zwischen den vermeintlich ‚Normalen‘ und den ‚Abweichenden‘ ganz aufgehoben. Differenz wird als soziales Zuge­hörigkeits-­ und Ordnungsschema erkannt (Budde, 2018, S. 45), also als eine soziale Kon­struktion, die die Deutung der Besonderheiten einiger Schüler*innen als Beeinträchtigung durch die gesellschaftlichen normalisierend­-diskriminierenden Machtverhältnisse erklärt (Esefeld, Müller, Hackstein, Stechow & Klocke, 2019, S. 9). Dabei werden Differenzen von außen an Schule und Unterricht herangetragen und in ihnen selbst hervorgebracht (Sturm, 2013, 10). Mit diesem Beschluss wird ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass die eigentliche Beeinträchtigung dieser Schüler*innen die „Behinderung ihrer Teilhabe- und Partizipationsmöglichkeiten“ (Sturm, 2013, S. 130) ist. [1]

Besonders betont wird in der oben genannten „Gemeinsamen Empfehlung“, dass alle Schüler*innen über das gleiche Recht verfügen, von schulischen Bildungsprozessen zu profitieren. Dies zeigt die institutionelle Anerkennung der Notwendigkeit, Diskrimi­nierungs­mechanismen und -strukturen zu bekämpfen (HRK & KMK, 2015, S. 2), und zwar durch eine Veränderung der Schul- und Unterrichtsstrukturen und -praktiken, die Ausschluss und Margi­nalisierung bewirken (Sturm, 2013, S. 128). [2]

Eine Schule, die auf äußere Strukturdifferenzen verzichten soll, ist auf die Entwicklung von Kulturen und Praxen der Inklusion angewiesen (Langfeldt & Hörmann, 2011, S. 279; Sturm, 2013, S. 131). Wenn einerseits Lehrpersonen alleine keine inklusive Schule schaffen können, kann andererseits auch keine inklusive Schule ohne inklusiv handelnde Lehrer*innen entstehen. So zeigt die empirische Schul- und Unterrichtsforschung wie eng die Leistungs- und Persönlich­keitsentwicklung der Schüler*innen mit den Lehrenden verknüpft ist (u.a. Artamonova, 2016; Hattie 2009; Kucklick, 2011; Künsting, Billich, & Lipowsky, 2009). Gerade die Lehrpersonen prägen durch ihren „explizit-kommunikative[n] Umgang mit Differenz im Unter­richt, ebenso wie ihre Praktiken“, die Erfahrungen der Differenzbearbeitung, die die jeweiligen Schüler*innen machen (Sturm, 2013, S. 127). Eine zentrale Herausforderung besteht also darin, zu verstehen, was die inklusive Haltung genau ausmacht und wie diese in Handlungen münden kann, um Lehrer*innen entsprechend zu qualifizieren. In diesem Beitrag wird der spezifische Zugang von SHARMED1, einem Erasmus+-Aktionsforschungsprojekt an der Schnittstelle zwischen den Erziehungs-, Kultur-, Kommunikations- und Sozialwissenschaften zu dieser Problematik prä­sen­tiert. [3]

Nach der Erläuterung des Forschungsdesigns (Kap. 2) und des besonderen theoretischen An­satzes des Projektes (Kap. 3) wird konversationsanalytisch untersucht, wie inklusions­förderliche bzw. -hinderliche Dynamiken entstehen. Dazu wird eine im Rahmen von SHARMED im Klassen­raum stattgefundene Interaktionssequenz analysiert und im Hinblick auf die Bedeutung der Er­kenntnisse für die Professionalisierung der Lehre diskutiert (Kap. 4 und 5). [4]

Forschungsdesign

Im Rahmen von SHARMED wurden 2017 in 48 Klassen – 16 davon in Deutschland, 16 in Groß­britannien und 16 in Italien – jeweils vier Workshops mit einer Dauer von je zwei Stunden durchgeführt. Dazu wurden die circa 1000 teilnehmenden Dritt- bis Sechstklässler*innen eingeladen, zwei Bilder mitzubringen, die persönliche bzw. familiäre Erinnerungen darstellen, welche sie gern mit ihren Mitschüler*innen teilen möchten. Insgesamt acht Workshop­leiter*innen (im Folgenden WL) haben den Prozess des Erzählens und des dialogischen Austausches unter den Schüler*innen in den verschiedenen Klassen begleitet und moderiert. Die Lehrpersonen (im Folgenden LP) der Schulklassen wurden eingeladen, den Prozess zu beobachten, und sich zu den von den Schüler*innen (im Folgenden S*) berichteten Erfahrungen Notizen zu machen, damit sie diese in ihrem Unterricht aufgreifen können. Sie wurden auch gebeten, den/die WL mit kritischem Blick zu beobachten: Welche Handlungen der WL in der Rolle als Prozess­mo­derator*innen fördern und welche behindern den Prozess des Erzählens bzw. des dialogischen Austausches? [5]

Im Vorhinein wurden die involvierten LP zusammen mit den WL im Rahmen einer als blended-learning organisierten Fortbildung auf ihre jeweiligen Aufgaben vorbereitet. Die Teilnehmenden wurden gebeten, das bis dahin entwickelte, erste SHARMED-MOOC (Massive Open Online Course) zu absolvieren. So konnten sie durch die sieben kurzen Videos des MOOCs die Inhalte kennen lernen, die anschließend in einer Präsenzveranstaltung praxisbezogen diskutiert wurden. Die zentralen Inhalte der Fortbildung waren folgende: klassische Muster und Logiken der Interaktionen im Klassenraum und das Innovationspotenzial der dialogischen Prozess­be­gleitung/-moderation; die kreative und kollektive Seite des Erzählens von Erinnerungen; sowie der Einsatz von visuellen und virtuellen Medien zu didaktischen Zwecken. Um das Vor­haben zu konkretisieren, wurden während der Präsenzveranstaltung zusätzlich einige zuvor auf Video aufgenommene Dialogsequenzen aus dem Pilotprojekt von SHARMED gezeigt. [6]

Damit sich die WL auf ihre Arbeit in den jeweiligen Klassen vorbereiten konnten, wurden einige Monate vor der Durchführung des Projekts sowohl die S* als auch deren Eltern/ Erziehungsberechtigte zu Hintergrundinformationen befragt. Im Fokus dieses Hintergrundfragebogens standen die Einstellung und das Wohlbefinden der Erziehungsberechtigten in Bezug auf Nachbarschaft, Elternschaft und Lehrerschaft, und das der S* im Hinblick auf ihre Eltern, Mitschüler*innen und Lehrer*innen. Die S* äußerten sich auch zu ihrer Selbstwahr­nehmung, zu ihrer Wahrnehmung von Gleichaltrigen (insbesondere Mitschüler*innen) und von Erwachsenen (insbesondere Eltern und Lehrkräften), sowie zu ihren eigenen dialogischen Kompetenzen und denen der Anderen. [7]

Um Veränderungen durch die SHARMED-Workshops messen zu können, wurde ein Pre- und Post-Test mit Kontrollklassen durchgeführt. Thematisiert wurden dabei die Wahrnehmung der Anerkennung durch Mitschüler*innen, Häufigkeit und Zweck des Einsatzes von Fotografie und von Erzählungen eigener Erinnerungen, Umgang mit anderen Meinungen, und die Ein­schätzung über die aktive Teilnahme der S* in Schulprozessen. [8]

Um ihre Empfindung in Bezug auf die SHARMED-Workshops umfassend zu erfassen, wurden die S* sowohl anhand eines Fragebogens als auch durch die Methode der Fokusgruppe befragt. Abgefragt wurde, neben ihrer allgemeinen Zufriedenheit, ihre Wahrnehmung bezüglich ihrer aktiven Teilnahme, ihrer Beziehung zu WL und Mitschüler*innen, des Umgangs miteinander, eventueller konfliktbehafteter Situationen und bezüglich der beobachteten Unterschiede zum normalen Unterricht. [9]

Nach dem Ende der Workshopreihe wurde sowohl die Perspektive der WL als auch die der LP durch ein semi-strukturiertes Leitfaden-Interview erhoben. Neben den jeweiligen Meinungen zu den Aktivitäten mit besonderem Augenmerk auf möglichen Schwächen und Chancen, wurden sie auch zu ihren Eindrücken bezüglich der Partizipation der S* und deren Beziehungen unter­einander und zu dem/r ProzessmoderatorIn befragt. Die involvierten LP wurden zudem gebeten, ihre Beobachtungen zu möglichen Auswirkungen des Projektes in Bezug auf die aktive Teilnahme der S*, auf ihre Beziehungen untereinander sowie über Möglichkeiten eines Trans­fers des Erlebten auf den eigenen Unterricht zu beschreiben. [10]

Um praxisrelevante Erkenntnisse über die konkrete Ausführung der Dialogbegleitung und -moderation zu erzielen, wurde die Konversationsanalyse als Forschungsansatz gewählt: Mehr als die Hälfte der Workshops wurde aufgezeichnet und mit dem gesprächsanalytischen Transkriptionssystem (GAT) transkribiert und analysiert. Im Fokus standen einerseits die kommunikativen Handlungen der WL, die in zahlreiche Kategorien unterteilt wurden, und andererseits die der S*. Alle Handlungen wurden als Glied einer Interaktion gesehen und entsprechend – und zwar unter Berücksichtigung ihrer Sequenzialität – untersucht. Nicht nur verbale sondern auch nonverbale, paraverbale und extraverbale Realisationsebenen (Bolten, 2007, S. 56) der Kommunikation wurden dabei betrachtet. Ein besonderes Augenmerk wurde auf den Umgang mit kulturellen Themen bzw. mit S* mit Migrationserfahrung/-hintergrund gelegt. So wurde auch die Verbindung zwischen Identität und Erzählung tiefergehend unter­sucht, was im Kontext des zweiten Strangs der Analyse des Korpus – der Analyse der Inhalte der Erzählungen – stattfand. [11]

Die relevantesten Erkenntnisse wurden didaktisch aufgearbeitet. So ist eine Präsenz-Fortbildung entstanden, die mit LP, Lehramtsstudierenden und weiteren pädagogischen Fach­kräften getestet worden ist. Dank deren Evaluation konnte ein Leitfaden zur selbstständigen Durchführung einer SHARMED-Fortbildung erstellt werden. Die wichtigsten Erkenntnisse sind zudem in einem aus acht Videos bestehendem, frei zugänglichen Onlinekurs (MOOC) zusam­mengefasst: 1. Einführung in das Projekt und die wichtigsten Konzepte; 2. Techniken zur Aktivierung der S*; 3. Techniken zur bestärkenden Begleitung ihrer Beiträge; 4. Typen von persönlichen Beiträgen der LP und mögliche Auswirkungen; 5. Reaktion auf spontane Initia­tiven; 6. Dialogische Prozessbegleitung als komplexe Gesamtheit moderierender Handlungen im internationalen Vergleich; 7. Konflikte und weitere Herausforderungen; 8. Interkulturell kom­petentes Begleiten. [12]

Sowohl in der Präsenzfortbildung als auch in dem am Ende des Projektes erstellten, zweiten MOOC spielen die Videoaufzeichnungen und Transkriptionen der Dialoge, die in den jeweiligen Schulklassen während der Workshops aufgenommen wurden, eine zentrale Rolle. Diese Videoaufnahmen, sowie die von den S* mitgebrachten Bilder und ihre Erzählungen – teilweise in schriftlicher, teilweise in mündlicher Form – sind im SHARMED-Archiv gespeichert und können über eine klassische Suchmaske, über eine Karte oder einen Zeitstrahl durchsucht werden.2 [13]

Theoretische Grundlage

Bilder, Erzählungen und Dialog sind die drei Pfeiler des im Rahmen von SHARMED vorge­stellten Qualifizierungspakets: Einerseits wird damit eine didaktische Methode angeboten, die Bilder und Storytelling verbindet und dadurch Heterogenität sichtbar werden lässt, andererseits werden pädagogische Fachkräfte mit relevantem Input versorgt, um mit Hilfe der passenden Haltung und den nötigen Kompetenzen Inklusion in ihren Klassen entstehen zu lassen. Im Folgenden werden die Grundlagen der theoretischen Konzeptionalisierung von SHARMED im Hinblick auf die Verwirklichung der Inklusionswende dargestellt. [14]

Das Konzept der Inklusion ist mit dem Ziel entstanden, einen Wandel zu initiieren, der idealer­weise Exklusionsmechanismen außer Kraft setzt. Zahlreiche Menschen werden tag­täglich in verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft aufgrund stigmatisierender physi­scher, psychi­scher oder biographischer Merkmale von einer gleichberechtigten Teilhabe ausge­schlossen. Dieser Zustand soll sich ändern: Die bislang Ausgeschlossenen müssen mit­eingeschlossen und in die Lage versetzt werden, an dem System, dessen Teil sie eigentlich schon sind, auch wirkungsvoll teil zu haben (Gercke, Opalinski, & Thonagel, 2017). Dieses System braucht dafür sowohl flexiblere Strukturen, in denen alle handlungsfähig sein können, als auch Menschen, die in der Lage sind, inklusive Prozesse (mit) zu gestalten. Dieses Paradigma kann der dialogische Ansatz vervollkommnen, da er genau wie Inklusion auf eine gleichberechtigte, über ihre Differenzen hinaus gehende, aktive Teilhabe derSystem- bzw. Prozessmitglieder setzt und dies in noch stärkerem Maße. Gleichberechtigung gilt für alle Beteiligten und wird soweit wie möglich zu Hierarchiefreiheit; Differenz wird nicht als zu überbrückende Barriere sondern als potenzielle Bereicherung wahrgenommen, die zum Ausdruck kommen soll; die aktive Teilhabe ist demnach ein selbstbestimmter, gegenseitig erwünschter Ausdruck der Differenz, der eine eigene Dyna­mik annimmt (Conti, 2012, S. 102f.). [15]

Durch Inklusion soll Unterricht individualisiert werden, was aber “nicht nur eine technische Modifikation darstellt, sondern eine kleine pädagogische Revolution bedeutet” (Largo & Beglinger, 2017, S. 37): Alle S* sollen sich in der inklusiven Schule entfalten können und dabei ein positives Selbstwertgefühl entwickeln (Largo & Beglinger, 2017, S. 3). Zwei Hindernisse bei der Verwirklichung des damit verbundenen “normative[n] Inklusionsprinzip[s] der bedingungs­losen Anerkennung” (Cramer & Harant, 2014, S. 646) können durch den dialogischen Ansatz abgeschwächt werden: Das Erste ist die Leistungsorientierung, die eine permanente “Drohung der Exklusion einzelner aus dieser Gemeinschaft” (Fritzsche, 2018, S. 73) bedeutet und alternative Zugänge zu Wissen diskreditiert. Das Zweite ist die Tendenz zur “totalen Zu­schreibung” (Garfinkel, 1956), die die Orientierung der pädagogischen Handlung an dem für die LP auffälligsten Merkmal (Differenzdimension) der S* bezeichnet. Auch wenn die Klassen­gemeinschaft als heterogen wahrgenommen wird, so wird die innere Heterogenität der ein­zelnen S* dennoch ignoriert. Auswirkung dessen ist die Reproduktion bzw. Produktion von Differenzen in der Schule, die im alltäglichen Handeln (re)konstruiert werden (Sturm, 2018, S. 251). Der dialogische Ansatz gibt wichtige Impulse zur Überwindung der beschriebenen zwei Hindernisse, indem er die LP einlädt, die „Agency“ (Prout & James, 1990) aller einzelnen S* zu fördern und die eigene Machtposition zu Gunsten einer zurückhaltenden, sensiblen und be­stärkenden Begleitung und Moderation von Lernprozessen zu verlassen. [16]

Anhand des Stufenmodells von Hart (1992), erweitert von Schröder (1995)3, das die von Erwachsenen zugelassene Möglichkeit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen abbildet, kann die Grenze der Partizipation in der Schule im Sinne des dialogischen Verständnisses bisher zwischen Stufe 5 “Zugewiesen, aber informiert” und der Stufe 6 „Mitwirkung“, die Hart (1992: 11) als „Echte Partizipation“ bezeichnet, gezogen werden. Sich als LP auf diese Stufe der Partizipation einzulassen impliziert eine reflektierte, differenzierte und dynamische Wahr­nehmung der diversen S*, die in die Lage versetzt werden, einen bedeutungsvollen Beitrag zum gemeinsam bestrittenen, kreativen Lernprozess zu leisten. Ihr eigenes Wissen und ihre eigenen Fähigkeiten werden anerkannt und es wird auf sie gesetzt. [17]

Dies steht im Einklang mit Hatties Forschungsergebnissen (2009), in die über 800 Meta­analysen von 50.000 zwischen 1980 und 2008 durchgeführten Einzelstudien zu den Be­dingungen schulischen Lernerfolgs einfließen. Dabei kristallisieren sich als zentrale Erfolgs­faktoren sowohl die wertschätzende Haltung und die aktivierende Handlung der LP heraus, als auch die Übernahme von Verantwortung seitens der S* für den eigenen Lernprozess. Positiv auf den Lernprozess der S* wirkt sich auch die Fähigkeit bzw. Bereitschaft der LP zur Selbstreflexion aus, die unter anderem vom direkten Feedback der S* gesteuert wird. In solchen „autonomiefördernden, kommunikativen, interaktiven, reflexionsbetonten, verstehens­orien­tierten und beziehungsintensiven Lernumgebungen“ (Perkhofer-Czapek & Potzmann, 2016, S. 21) spiegelt sich der inklusive Paradigmenwechsel wider, in dem die LP dazu aufgerufen werden, den Fokus nicht mehr auf die Lehre zu setzen sondern auf die Lernenden zu ver­schieben und den Lernprozess durch die Übernahme verschiedener Rollen zu begleiten. [18]

Eine der Formen der schulischen Interaktion, die es S* ermöglichen, verstärkt vom Unterricht zu profitieren, ist die Facilitation (Heim, 2012; Rogers, 1969), welche hier als dialogische Prozessbegleitung bzw. -moderation bezeichnet wird. Als dialogische Prozessbegleiter*in bzw. -moderator*in sind die Handlungen der LP darauf ausgerichtet, jene Handlungen der S* zu fördern, in denen deren Agency zu Tage tritt. Agency ist dabei als die Realisierung von selb­ständigen Entscheidungen zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten zu verstehen. Sie offenbart sich in der Kommunikation und kann in ihr erkannt und gefördert werden. Durch die dialogische Begleitung des Lernprozesses werden kooperative, kollaborative und beziehungs­orientierte Interaktionen gefördert und koordiniert, die von allen gleichberechtigt und selbst­bestimmt mitgestaltet werden (Baraldi, 2014). [19]

Dialogische Prozessmoderation zielt darauf ab, die Agency der S* als Zuordnung von episte­mischer Autorität zu betonen, wie z.B. das Recht zur eigenständigen Konstruktion von Wissen und die damit verbundene Eigenverantwortung in Interaktionen. Dieses Ziel ist insofern hervor­zuheben, als dass insbesondere jüngere Menschen normalerweise als weniger fähig erachtet werden, Wissen in sozialen Prozessen – vor allem im Bildungsbereich – zu produzieren und weiter zu geben. Wissen wird durch Erwachsene aufgebaut und vermittelt. In einem vom Dialog inspirierten Lernprozess hingegen werden S* ernst genommen und ihre Beiträge wertgeschätzt, wobei eine ausgewogene Verteilung der Teilnahmechancen der Prozessteilnehmenden ge­sichert wird (Baraldi, 2014). [20]

Besonders im Hinblick auf die Inklusion der sonst eher ausgeschlossenen S* zeigt die dialo­gische Haltung ihre Stärke, da vor allem bei diesen ein Mangel an epistemischer Autorität zu beobachten ist (u.a. Lorenz, 2018). Der bestärkende Umgang mit ihnen ermöglicht einerseits, sie individuell zu fördern und andererseits, die anderen S* von ihrer Präsenz profitieren zu lassen. Ein respektvoller, wertschätzender Umgang mit Diversität wird durch eine dialogische Haltung gefördert, was für die S* die Chance bedeutet, selbst eine inklusive Haltung zu ent­wickeln und sich Schlüsselkompetenzen im Umgang mit Vielfalt und Komplexität anzueignen (Baraldi, 2015). [21]

Im Rahmen von SHARMED konnte untersucht werden, wie sich die dialogische Haltung konkret in dialogische Prozessbegleitung bzw. -moderation übersetzen lässt. Dazu wurden die SHARMED-Workshops in Schulklassen durchgeführt, in denen auch S* mit Migrationserfahrung und -hintergrund waren. Wie die Daten der Hintergrundfragebögen zeigen, spüren sie häufiger als ihre Mitschüler*innen fehlende Anerkennung, sowohl durch die LP als auch durch ihre Schulkamerad*innen. Dabei gaben S* mit Migrationshintergrund bzw. -erfahrung vermehrt an, sich im Unterricht zu langweilen, was als Zeichen von zu geringer aktiver Teilnahme interpretiert werden kann. Die SHARMED-Methode bietet S* eine geeignete Plattform, mehr aus der eigenen Erfahrungswelt mitzuteilen und dabei frei zu entscheiden, welche Seite ihrer vielfältigen Identität sie preisgeben wollen. Wichtige Aufgabe der dialogischen Prozessmoderation ist dabei, die persönliche, plurale Identität aller S* hervorzuheben und soziale Konstruktionen kultureller Identität als etwas Statisches und Getrenntes zu vermeiden. Somit können essentialistische Sichtweisen kultureller Unterschiede und des 'Andersseins' dekonstruiert werden (Conti, 2012, S. 228). Die damit einhergehende Distanzierung von stereotypen, vor­urteilsbehafteten Bildern von Mitschüler*innen könnte wiederum den Aufbau positiver Be­ziehungen im Schulalltag begünstigen (Baraldi, 2015). [22]

Da Erzählungen persönliche Erfahrungen, Ideen und Gefühle betreffen, wird durch sie die Besonderheit der eigenen Identität sichtbar (Norrick, 2012). S* erleben sich beim Erzählen der eigenen Erinnerungen als die Expert*innen und üben diese Rolle entsprechend aus. Gleichzeitig werden Erinnerungen jedoch nicht nur durch die Erzählenden hergestellt, sondern entstehen im Kontext der narrativen Interaktion: Durch die Erzählung über vergangene Erfahrungen wird Erinnerung sozial konstruiert. Identität entwickelt sich somit im Zusammen­spiel zwischen dem Darlegen persönlicher Erinnerungen und der interaktionalen Bedeutungs­produktion in Bezug auf diese Erinnerungen aus gegenwärtiger Perspektive (Walsh, 2011). [23]

Dialogisch moderierte Klassenzimmer-Interaktionen möchten vielstimmige Narrative stärken, die die epistemische Autorität der S* hervorheben. Um Erinnerungen zu aktivieren und sie mit anderen zu teilen, stellen Fotografien ein wirkmächtiges Medium dar (Barthes, 2015). Sie stoßen den kognitiven und emotionalen Austausch an und vereinfachen ihn bei sprachlichen Barrieren bzw. kulturellen Unterschieden (Moline, 2011). Fotografien enthalten potentielle Ge­schichten in ,ihrem Rahmen’ – also allein das Bild beobachtend –, aber es ist darüber hinaus ebenfalls möglich, zu den Geschichten ,jenseits des Rahmens’ vorzudringen – z.B. zu den Um­ständen, die zu seiner Entstehung geführt haben, sowie zu Geschichten, die wiederum mit anderen Geschichten verknüpft sind (Barthes, 2015, S. 11ff.): Jeder Rahmen vermag andere Rahmen zu aktivieren. Ausgehend von dieser Grundannahme ist es möglich, über private Bilder den Dialog mit S* im Unterricht zu fördern. [24]

SHARMED hat seinen Fokus auf das System Schule gelegt und in diesem Rahmen wurde spezifisch auf eine Weiterentwicklung der Unterrichtsgestaltung und -führung hingearbeitet. Durch die besondere Methode wurde das Wissen der S* und ihre Erfahrungswelt ins Zentrum des Geschehens gerückt. Dabei konnten die einzelnen S* frei von starren Differenz­kon­struktionen selbst entscheiden, welchen Teil ihrer Identität sie zeigen. Durch dialogische Prozessbegleitung bzw. -moderation sollte eine gleichberechtigte, selbstbestimmte und aktive Teilhabe aller S* ermöglicht werden. Durch die Analyse dieser Interaktionen kann festgestellt werden, wie inklusionsfördernde bzw. -behindernde Dynamiken entstehen, und es können wichtige Erkenntnisse für die Lehrer*innenbildung gewonnen werden. [25]

Im folgenden Kapitel wird eine besondere Interaktion aus dem SHARMED-Korpus untersucht, in welcher sich die LP entgegen der methodischen Absprachen aktiv am kommunikativen Pro­zess beteiligt und dessen Ablauf massiv beeinflusst. Die Betrachtung dieser Sequenz ermöglicht die genaue Identifizierung von bestimmten Herausforderungen, die sich für LP bei der Übernahme der Rolle als dialogische Prozessbegleiter*innen bzw. -moderator*innen er­geben können. [26]

Eine Interaktion im Klassenzimmer

Um dialogische und antidialogische kommunikative Praktiken zu erkennen und die dahinter­stehenden Denkmuster herauszuarbeiten, die aus kollektiv angesammeltem implizitem bzw. habituellem Wissen entstehen und sich so auf die Gestaltung des Unterrichts auswirken, wird im Folgenden eine spezifische Interaktion detailliert beschrieben und dabei konversations­analytisch vorgegangen. [27]

Die Konversationsanalyse (KA), die in den 60er Jahren von Goffmans Schüler Sacks begründet wurde, untersucht, wie in der Interaktion Bedeutung und soziale Ordnung hergestellt wird (Deppermann, 2014, S. 19). Insbesondere fokussiert die KA auf die Sequenzialität, das zeitliche Nacheinander der Handlungen und auf die Interaktivität, die Aufeinanderbezogenheit der Handlungen. In der zu untersuchenden Frage „Welche Funktion hat es, dass die Interaktions­teilnehmerInnen in genau diesem Moment in genau dieser Weise multimodal handeln?“ (Deppermann, 2014, S. 23), die in der Triade ‚Form – Funktion – Kontext‘ zusammengefasst werden kann, spiegeln sich die Fragen wider, die sich die Prozessteilnehmer*innen selbst stellen, um den fortlaufenden Interaktionsprozess durch einen retrospektiven Blick zu verstehen und Erwartungen über das Folgende prospektiv zu generieren (Deppermann, 2014, 23f.). Die zahlreichen Details, die in der Analyse angegeben werden, können irrelevant und die Einnahme der Teilnehmerperspektive als unnötige Spekulation über die Motive und Intentionen der Han­delnden erscheinen. Diese sind aber notwendig, um zu verstehen, „an welchen interaktiven Aufgaben und Problemen und an welchem Verständnis von Kontext und Partnerhandeln sich die InteraktionsteilnehmerInnen in ihrem Handeln erkennbar orientieren“ (Deppermann, 2014, S. 24). Somit kann die formale Struktur von Handlungspraktiken herausgearbeitet und die Ziele, die deren Einsatz in der Interaktion erklären, können rekonstruiert werden. [28]

Die Interaktion, die im Zentrum dieses Kapitels steht, fand im Frühjahr 2017 in einer 6. Klasse einer Gemeinschaftsschule in Sachsen-Anhalt statt. Es war der zweite SHARMED-Workshop, den diese WL – eine freie Pädagogin mit einem prägenden Hintergrund als Konfliktmediatorin – in dieser Klasse durchführte. Im Vergleich zu Workshops, die die WL in dieser und anderen Klassen durchgeführt hat, ist sie den Anforderungen an Auswahl und Umsetzung von kommuni­kativen Handlungen kaum gerecht geworden. Die nicht vorgesehene dominante Rolle der LP hat sie stark in ihrer Funktion beeinträchtigt und ihre Handlungen beeinflusst, was auch enormen Einfluss auf die Entwicklung des Interaktionsprozesses gehabt hat, wie im Folgenden gezeigt wird. [29]

Am betreffenden Tag hatten sich Zweier- bzw. Dreierteams gebildet, die gemeinsam jeweils eine Fotografie eines anderen S* auswählten, anschauten und vor der Klasse präsentierten. Im Anschluss daran durfte die Person, die das Bild mitgebracht hatte, die Beschreibung korrigieren, ergänzen und mögliche Fragen beantworten. In dieser Sequenz stellen M104, M9 und M3 das Bild von F10 vor. Der gesamte Austausch findet im Stuhlkreis statt und dauert sieben Minuten. Auf der Fotografie, die in dieser Sequenz besprochen wird, ist ein Haus mit einer weißen Eingangstür und einem Flachdach abgebildet. Das Haus ist beigefarben gestrichen, und teilweise mit terrakottafarbenen Klinkersteinen besetzt. Links und rechts von der Eingangstür wächst dichtes Efeu und auf beiden Seiten des Efeus befinden sich mit weißen Gittern geschützte, relativ große Fenster. Oberhalb der Tür ist eine Dachgaube angebracht, in der zwei sehr schmale, längliche und unvergitterte Fenster nebeneinander eingelassen sind. [30]

  1. LP: M10, sag mal was, bitte.

  2. M10: ((hält das Bild in den Händen, so dass alle es sehen können; wackelt mit dem Bein)) Äh: wir haben, wir denken, dass das ein schönes altes Haus ist. Halt, (?) weil das sieht wirklich so ein bisschen älter aus, als die die man heute halt baut. (?) meine Theorie war dann bisschen anderes, ich dachte mehr so an, (sek?) [mehr so (?) ((lachend)) Terroristenversteck.

  3. [((M9 deckt sein Gesicht hinter dem Blatt mit seiner Notizen und lacht))]

  4. [((M3 deckt sein Gesicht mit einer Hand, kichert und beim versteckten Mund, sagt leise was zum M9))]

  5. [((Einige Kinder lachen))]

  6. M?: [Oh M10 äh!]

  7. WL: [ich würd euch, ich würd euch gern bitten, ähm, es geht] um die Geschichten und Erinnerungen, die jeder von euch hat und jede Erinnerung ist] auch unterschiedlich

  8. [((Einige Schüler*innen lachen))]

  9. F1: Schh! Leute!

  10. WL: von daher...

  11. M9: Ich glaube diese Bild wurde in Arabien gemacht.

  12. LP: Red mal bitte lauter, wir verstehen dich nicht.

  13. M9: Ich glaube diese Bild wurde in Arabien gemacht.

  14. LP: °Im arabischen Raum.°

  15. M9: °Arabischer Raum, ja° ungefähr vor 5 oder 6 Jahren ((liest seine Notizen)) (4)((Impuls zu lachen wird unterdruckt)) Ähm, die haben das gemacht, bevor sie weg sin

  16. LP: Mhm, glaubst du das ist das Wohnhaus?

  17. M9: Mh?

  18. LP: Ein Wohnhaus gewesen?

  19. M9 ((guckt auf seinen Notizen))

  20. M2: °°(?) Terroristenversteck (?)°°

  21. WL: Also wieder!

  22. F4: °°Es ist nicht witzig°°

  23. M2: °°Doch°°

  24. (3)

  25. LP: Was glaubt ihr denn wohl, was da drin ist in dem Haus?

  26. F1: ((hebt die Hand)) Ich glaub, denk ich einfach mal, dass das ein ähm ein Bild vielleicht von dem Haus ist, wo die mal drin gelebt haben, bevor sie nach Deutschland, also auf die Flucht gegangen sind, und ich denk einfach mal, dass dieses Bild einfach zeigen sollte, dass sie, wenn sie in Deutschland sind, sie da hab ich mal drin [gewohnt,] so toll war mal mein Haus und:

  27. LP: [Mhm] Da stecken bestimmt ganz viele Erinnerungen drin. Mhm.

  28. WL: Fällt euch vielleicht noch was dazu ein? (3) Wollen wir das vielleicht mal auflösen? Ich glaub das wär ganz spannend bei dem Bild ne?

  29. LP: °Wir wissen das gar nicht wem (?)°

  30. F?: °°Doch (?)°°

  31. F10: ((steht auf und geht vor M10, der das Bild hält und zeigt auf bestimmte Teile des Hauses, während sie spricht und dreht sich in die Richtung der Lehrerin, die sie auch anguckt)) Hier ist mein Zimmer und hier ist die Küche.

  32. WL: Mhm!

  33. F10: ((setzt sich wieder hin))

  34. LP: Das ist dein Zimmer gewesen, da unten, Und das war eure Küche. Und was ist oben, hinter diesen schönen Fenstern? Was war da oben? Was ist denn da oben? Ist das n Flur?

  35. F10: Auch Zimmer ((lächelt)).

  36. LP: Das sind auch Zimmer ja?

  37. F10: °°Mhm°° ((lächelt))

  38. LP: Ist dahinter auch ein Garten gewesen?

  39. F10: Ja. ((lächelt))

  40. LP: (.) Schön, das ist das Haus, ist das in einem Dorf oder war das eine Stadt?

  41. F10: Das ist äh, kleine Stadt, aber (?) ist sehr alt.

  42. LP: Und wann habt ihr dann dieses Bild gemacht?

  43. F10: ((lacht)) Ich weiß nicht, mein Opa hat so gemacht.

  44. LP: Mhm. (.) Weißt du denn jetzt noch, ob dort jemand wohnt von deiner Familie?

  45. F10: Ja (2) mein Opa jetzt ist dort, aber dieses Zimmer ist jetzt nicht meins.

  46. LP: Das ist jetzt aber (.) und gibt es mehr Familienmitglieder von euch, die dort wohnen, der Opi ist nicht mehr da.

  47. ((F10 schüttelt den Kopf))

  48. M1: Der Opi wohnt da jetzt, aber das Zimmer von ihr ist nicht mehr vorhanden.

  49. LP: Das gibt es nicht mehr. Das Haus aber das steht noch, das Haus steht noch?

  50. F10: Mhm.

  51. M1: Ja, der Opi wohnt dort.

  52. LP: Ich dachte den Opi gibts nicht mehr.

  53. WL: Und, wenn du das Bild. Du hast dir das Bild ja ausgesucht, ((räuspert sich)), warum war das Bild für dich wichtig?

  54. F10: (3)-((lacht)) weil ich liebe mein Haus (3) und (6)

  55. LP: °Ist eine Erinnerung (?)°

  56. F1: Und ich denke sie hat das einfach ausgewählt, weil sie einfach, ich denk mal, ihr zu Hause vermisst. Ja. ((guckt F10 an, kichernd))

  57. WL: Mhm.

  58. LP: Schön, ist ein schönes Haus, finde ich.

  59. ((F10 lächelt))

  60. F1: Und das oben mit den Fenstern ist sehr [schön].

  61. LP: [Das sieht] toll aus.

  62. ((F1 nickt))

  63. LP: Hast du manchmal vor dem Haus gespielt?

  64. F10: Ja ((lächelt)).

  65. WL: Hast du manchmal Heimweh?

  66. F10: Mh?

  67. WL: Mh, vermisst du das Haus manchmal.

  68. ((F10 schüttelt den Kopf))

  69. WL: Vermisst, habt ihr schon mal Heimweh gehabt.

  70. ((Schüler*innen bejahen))

  71. F1: Auf Klassenfahrt.

  72. WL: Wer hat alles schon mal Heimweh gehabt?

  73. ((Prozessmoderatorin hebt die Hand, einige Schüler*innen auch))

  74. WL: Okay, ne ganze Menge ne?

  75. ((Schüler*innen durcheinander))

  76. WL: Okay, habt ihr, habt ihr erstmal noch an die Gruppe ne Frage? ((guckt sich herum)) oder an F10 ne Frage? ((guckt sich herum))

  77. LP: Ich hab jetzt mal an den M10 eine Frage. Jetzt mal ganz im Ernst, was war denn was sagst du denn jetzt zu deinen Gedanken, die du hattest, jetzt nachdem das aufgelöst wurde?

  78. ((M9 lacht kurz))

  79. M10: Na, dass ich's ähm wirklich unterschätzt hatte, dass es wirklich ein Wohnhaus ist, weil das sieht auch irgendwie nicht hundertprozentig aus wie so ein Wohnhaus.

  80. F4: Für ihn vielleicht, weil er andere Fantasien hat als wir.

  81. (( Schüler*innen lachen))

  82. F4: [Also wenn ich das Bild sehe, (?) habe ich mir sofort gedacht, wer wohnt denn da drin (?)]

  83. [((Schüler*innen durcheinander))]

  84. LP: [Ich hab hier] eigentlich gedacht, dass das jemand ist, der aus einem anderen Land gekommen ist und ich wusste nicht, dass es F10s Haus ist und ich finde, das ist ein ganz schönes Haus.

  85. M8: Ja, ich dachte, ähm, M9 meinte ja, das ist in Arabien.

  86. LP: Im arabischen Raum hat M9 gesagt. Das war seine Vermutung und ich find das völlig fair, wenn er das sagt, ja.

  87. F5: [Und ich würde das sagen, für uns wär das ein bisschen Luxus das Haus find ich (?)]

  88. [((Schüler*innen durcheinander))]

  89. WL: Das gefällt euch, dass die diese. Habt ihr das oder kennt ihr das auch von, hat jemand ein Haus hier mit genau diesen geschwungenen Fenstern?

  90. F1: Meine Nachbarn.

  91. WL: Aber es ist schon spannend, ne das Haus. Mhm.

  92. LP: Ich hab auch, ich würde gerne wissen, wie sich das dahinter, wie das dahinter aussieht. Und wie der Garten ist. Ja. Ja, deshalb ich fand das jetzt auch ein bisschen komisch formuliert vom M10 irgendwie, aber. ja.[ganz spannend das Haus.]

  93. M10: [(?)]

  94. WL: Gut, ja, dann äh würd ich vorschlagen, es ist jetzt auch um. Ich merk schon, es wird ein bisschen unruhig, aber dennoch ein herzlichen Applaus auch an die Gruppe.

  95. ((Applaus)) [31]

Anhand der vorliegenden Sequenz ließen sich unzählige Aspekte diskutieren. Im Zentrum der folgenden Analyse stehen die kommunikativen Handlungen der LP und der WL. Diese werden im Rahmen der Analyse in Verbindung mit den Reaktionen der S* gebracht und dadurch ge­deutet. [32]

Die ausgewählte Sequenz beinhaltet 79 Redebeiträge, davon sind 15 Beiträge von der WL und 25 von der LP. Ungefähr die Hälfte der Redebeiträge werden also durch die zwei Erwachsenen eingebracht und ein Drittel aller Beiträge durch die LP. F10, das Mädchen mit Migrations­erfahrung, die das Bild mit dem Ziel, ihren Mitschüler*innen etwas zu erzählen, ausgewählt und mitgebracht hat, kommt 13 Mal zu Wort. Dabei spricht sie in 4 Beiträgen ihre Sätze bis zum Ende. [33]

M10, M9 und M3 haben sich zusammen das Bild angeschaut. Sowohl M9 als auch M3 haben Deutsch als Zweitsprache (DaZ) erlernt. Die LP ergreift das Wort und lädt M10 ein, mit der Beschreibung anzufangen (Z. 1). M10 verhält sich unsicher: er wackelt mit dem Bein und fängt seinen Satz zwei Mal an: „Wir haben, wir denken“ (Z. 2). Zuerst stellt er die Vermutung in den Raum, dass es sich um ein altes Haus handelt. Er sagt, die Gruppe habe einen Unterschied zu modernen Häusern bemerkt und erkläre sich den besonderen architektonischen Stil des Hauses durch seine Entstehung in einer anderen Epoche. Gleich danach spezifiziert er, dass er selbst zudem eine weitere, persönliche Interpretation der besonderen Architektur dieses Gebäudes hat, und kichernd verrät er diese: das Haus könnte ein „Terroristenversteck“ sein (Z. 2). Die Unsicherheit, die seine nonverbale und zu Beginn des Satzes auch seine verbale Kommunikation ausdrückt, könnte damit erklärt werden, dass er anfangs vielleicht noch unentschlossen war, diese Interpretation zu verraten, bzw. schon eine gewisse Angst spürte, dadurch eine negative Reaktion zu provozieren. Die Tatsache, dass sowohl er als auch M9 und M3 kichern, und dass M9 und M3 dabei ihr Gesicht verstecken, kann ein Zeichen dafür sein, dass sie sich darüber bewusst sind, dass die Entscheidung, diese Idee auszusprechen eine Grenze überschreitet. Einige Mitschüler*innen reagieren offensichtlich positiv und lachen mit. Weniger positiv darauf eingehen kann u.a. die WL, die durch eine freundliche, aber ernste Ansprache (Z. 7) eine unvollständige Bitte ausspricht und daran erinnert, dass es sich um private Erinnerungen der anwesenden Mitschüler*innen handelt. Sie fügt hinzu, dass jede Erinnerung unterschiedlich ist, was die Einzigartigkeit jedes Menschen impliziert. [34]

Ihre Aussage zusammen mit dem spontanen Aufruf still zu sein von F1 (Z. 9) lässt Ruhe ein­kehren. M9 führt die Beschreibung des Bildes fort. Die LP bittet ihn am Ende seines kurzen Satzes, lauter zu reden, verwendet dabei den Imperativ “Red mal bitte lauter“ (Z. 12) und verstärkt ihre Forderung dadurch, dass sie ihre Wahrnehmung verallgemeinert: „Wir verstehen dich nicht.“5 (Z. 12). Dies zeigt gleichzeitig, dass sie sich erlaubt, für Andere zu sprechen. M9 wiederholt den selben Satz, an dessen Ende die LP erneut einsetzt, diesmal mit einer schnellen Korrektur: „in Arabien“ soll „im arabischen Raum“ (Z. 14) heißen. Nachdem er die korrekte Version „Arabischer Raum“ schnell wiederholt, möchte M9 einen neuen Aspekt zur Interpre­tation des Bildes hinzufügen. Bevor er das tun kann, muss er jedoch den Impuls zu lachen unterdrücken. Nach wenigen Sekunden schafft er es, mit einem normalen, ernsten Ausdruck zu erzählen, dass das Foto wahrscheinlich vor der Flucht gemacht worden sei (Z. 15). Nach der kurzen, aber klar ausgesprochenen Zustimmung „mhm“, entscheidet die LP, eine Frage zu stellen. Dabei geht es nicht um die letzte Aussage von M9, sondern sie kommt auf die Architektur der Gebäude zurück und fragt ihn direkt, ob er glaubt, dass es ein Wohnhaus sei (Z. 16). M9 guckt auf seine Notizen, während andere S* leise diskutieren, ob die Terroristen­versteck-Vorstellung witzig sei oder nicht. Die WL reagiert genervt: „Also wieder!“ (Z. 21) Die LP übernimmt die Gesprächsführung und stellt ihre letzte Frage erneut, diesmal an ein unbestimmtes „Ihr“ gerichtet (Z. 25). F1 antwortet und die LP reagiert während und gleich am Ende ihrer Aussage mit kurzen Zustimmungszeichen („Mmh“, Z. 27). Sie geht jedoch nicht auf die Inhalte der Aussage ein, sondern setzt das Gespräch gleich mit einem allgemeinen Kommentar über die vielen Erinnerungen, die bestimmt in dem Bild stecken, fort (Z. 27). Die Luft ist raus. Das scheint das Gefühl zu sein, das die WL an dieser Stelle hat: Nachdem sie das vorstellende Team gefragt hat, ob ihnen noch etwas dazu einfällt, und kurz auf eine mögliche Antwort wartet, schlägt sie vor, das Rätsel aufzulösen. Dabei hebt sie hervor, dass diese Auflösung „bei dem Bild“ besonders spannend sei und verweist dabei indirekt auf die Diskussion 'Haus vs. Terroristenversteck' (Z. 28). [35]

Zum Start dieses zweiten Teils der Methode zeigt die LP, dass sie sich (mit)verantwortlich für den Prozess der Auflösung fühlt. Sie drückt die Tatsache, dass sie nicht weiß, wem das Bild gehört nicht nur laut aus, sondern stellt dies auch als allgemein gültiges Problem dar: „Wir wissen das gar nicht, wem...“. Sie nimmt sich hier also nicht nur das Recht heraus, für alle zu reden, sondern sie offenbart ein spezifisches Denkmuster: was sie nicht weiß, wissen die anderen auch nicht. In Wirklichkeit kann sie aber nicht wissen, was die WL oder auch andere S* eigentlich wissen. Jemand widerspricht ihr leise mit einem „Doch“ (Z. 30). [36]

Ohne etwas zu sagen, steht F10 auf, läuft zum Bild, das M10 noch in den Händen hält, und stellt sich so, dass die LP ihren Erklärungen darüber, wo sich welches Zimmer befindet (Z. 31), folgen kann. Die WL, die auf der anderen Seite des Kreises sitzt, so wie viele Mitschüler*innen sind von dieser Beschreibung ausgeschlossen. Die wichtigste Person, die F10 während ihrer Erläuterung direkt anschaut, ist die LP, die im ersten Teil des Austausches über das Bild alle Fragen gestellt hat. [37]

So geht es auch weiter: Eine enge Frage-Antwort-Struktur charakterisiert die darauf folgende Interaktion zwischen F10 und LP. Auffällig ist die Tendenz der LP, die Antworten der Schülerin zu wiederholen und sie dabei auszuformulieren (z.B. Z. 34). Ebenso wiederholt die LP auch ihre eigene Frage „Und was ist oben, hinter diesen schönen Fenstern? Was war da oben? Was ist denn da oben?“ (Z. 34) Dieser Frage folgt dann ein konkreter Vorschlag: „Ist das n Flur?“ (Z. 34), wodurch sich auf jeden Fall das Interesse der LP an der Struktur des Hauses offenbart. Die Tatsache, dass sie nach der Wiederholung ihrer Frage eine Antwort vorschlägt, lässt vermuten, dass sie die Schülerin als nicht ganz fähig einschätzt, autonom Antworten zu produzieren. Da die deutsche Sprache eine relativ neue Sprache für F10 ist, kann es sein, dass sich gerade in den sprachlichen Kenntnissen die mangelnde Kompetenzzuschreibung seitens der LP begründet. Dies würde auch die Wiederholung der folgenden Antwort „Auch Zimmer“ (Z. 35) mit der anschließenden Bitte zur Bestätigung „Das sind auch Zimmer ja?“ (Z. 36) erklären. Durch die Verwerfung des Vorschlags der LP – dort sei ein Flur – und die Formulierung einer eigenen Antwort „Auch Zimmer“, zeigt sich die Schülerin autonom genug, das eigene Wissen schildern zu können. Die behütende Tendenz der LP scheint somit überflüssig zu sein und klingt gewissermaßen überheblich: Ihre Handlungen kratzen an der Kompetenz und Glaubwürdigkeit der Schülerin. Die zahlreichen Komplimente für das Haus in den Beiträgen der LP – z.B. 6 Mal „schön“– zeigt ihre bewusste Anstrengung, der Schülerin ihre Wertschätzung auszudrücken. Gerade der Verweis auf die „schönen Fenster“ (Z. 34), die wahrscheinlich die Assoziation mit einem Terroristenversteck geweckt haben, zeigt, dass es der LP am Herzen liegt, dass F10 sich wohl fühlt und sich von unsensiblen, potenziell als beleidigend aufzufassenden Kommentaren nicht kränken lässt. Das häufige Lächeln von F10 zeigt, dass keine Aussage während der Interaktion ihr die Freude daran verdorben hat, von ihren Erinnerungen zu erzählen. [38]

Nachdem der Aufbau des Gebäudes geklärt und die Identität des Autors des Bildes festgestellt worden sind, entscheidet sich die LP dazu, das Feld der Erinnerungen zu verlassen, um sich in die Gegenwart zu begeben. Sie möchte erfahren, ob das Haus noch steht (Z. 49) und wer dort wohnt (Z. 44). Die Tatsache, dass die Schülerin selbst das Bild mitgebracht hat, ermöglicht das Ansprechen eines so delikaten Themas, was aber besonders tollpatschig geschieht. Obwohl F10 (Z. 45) und M1 (Z. 48 und wieder Z. 51) erläutern, dass der Opa in dem Haus wohnt, zeigen die Handlungen (Z. 46, 49, 52) der LP, dass sie nicht richtig versteht bzw. zuhört. F10 korrigiert die LP aber nicht. Stattdessen blendet sie den Fehler aus und antwortet wenig engagiert, wahrscheinlich desillusioniert, mit einem Kopfschütteln (Z. 47) auf die Frage, ob weitere Familienmitglieder dort wohnen (Z. 46), und mit einer minimalen Zustimmung „Mhm“ (Z. 50) auf die Frage, ob das Haus noch steht. Die gesamte Sequenz verrät, dass die LP weder die Inhalte der Aussagen von F10 noch der von M1 aufgenommen hat. Es ist interessant zu beobachten, dass sie sich im Nachhinein nicht für das Fehlverstehen entschuldigt bzw. für die Erläuterungen bedankt. Dies hätte zur Wiederherstellung des Vertrauens beitragen, und die Schülerin erneut motivieren können, sich mitzuteilen. Um aus der Situation herauszukommen, hilft die WL, indem sie die erste echte offene Frage an F10 stellt (Z. 53). [39]

Nach M1, der für F10 versucht, die Wahrheit wiederherzustellen, spricht F1 für F10. Sie versucht die Antwort auf die Frage zu finden, warum F10 das Bild wichtig ist (Z. 56), die diese unvoll­ständig lässt („Weil ich liebe mein Haus und“). Dabei stellt sie die Vermutung in den Raum, dass F10 ihr zu Hause vermisst. F10 wird nicht gefragt, ob sie dieser Aussage zustimmt, sondern die LP wechselt das Thema und kehrt zurück zu dem abgebildeten Haus. Sie drückt aus, wie schön sie das Haus findet und fragt dann nach, ob F10 vor dem Haus mal gespielt hat. F10 lächelt wieder und gibt als Antwort kurze Zustimmungszeichen (Z. 62, Z. 64). Die WL kehrt zurück zu der Vermutung von F1 und überprüft sie: Sie fragt F10, ob sie manchmal Heimweh hat. Das Wort „Heimweh“ kennt F10 noch nicht, die Prozessbegleiterin paraphrasiert die Frage also und verwendet dabei die Worte von F1: „vermisst du das Haus manchmal?“ (Z. 67). F10 schüttelt den Kopf, was bedeutet, dass entweder die Interpretation von F1 nicht richtig war oder sie die Frage falsch verstanden hat. Dies wird nicht geprüft. Stattdessen werden zum ersten Mal alle S* angesprochen und gefragt, wer schon mal Heimweh gehabt hat (Z. 72). Dabei hebt selbst die WL die Hand, was zeigt, dass sie sich als Teil der Gruppe fühlt. Nach dieser kurzen Aktivierung der ganzen Klasse wird gefragt, ob es noch Fragen an das Team, welches das Bild vorgestellt hat, oder an F10 gibt. Diese Chance nutzt prompt die LP, um M10 zu einer öffent­lichen Reflexion zu zwingen. Der Druck auf M10, etwas Angepasstes zu sagen, ist hoch, daher kann nicht beurteilt werden, was er aus dem Geschehen tatsächlich mitnimmt. Die Tat­sache, dass er sich nicht vom Lachen von M9 mitreißen lässt, spricht für die Ehrlichkeit seiner Aussage. So oder so scheint seine Reflexion das von der LP ausgedrückte Bedürfnis nach einer Ent­schuldigung stillen zu können. Die erneute Kritik an seiner Aussage, die die LP in ihrem letzten Beitrag zwischen anderen, abschließenden Kommentaren ausspricht (Z. 92), ist daher über­raschend und könnte als unfair empfunden werden. Die Reaktion von M10 bekommt keinen Raum: Während er reagiert, führt sie ihren Satz weiter. Die WL schließt ihren Endbeitrag direkt an und lädt die S* dazu ein, dem vorstellenden Team „dennoch“ Beifall zu klatschen (Z. 94). Eine letzte Sequenz, die der Analyse wert ist, ist die noch vor den abschließenden Beiträgen der beiden Erwachsenen, und durch die Äußerung von M10 „weil das sieht auch irgendwie nicht hundertprozentig aus wie so ein Wohnhaus“ (Z. 79) ausgelöst wird: Zahlreiche S* äußern ihre Gedanken zu dem Haus und tauschen sich in parallelen Konversationen dazu aus. Unter den Stimmen sticht die Aussage von F4 heraus: Als sie das Bild gesehen hat, „habe ich mir sofort gedacht [...]“ (Z. 82). Kein Raum wird geschaffen, um diese Perspektive oder die Perspektive anderer S* zu vertiefen. Stattdessen nimmt die LP die Aussage als Chance, um ihre eigene richtige Einschätzung über die Lokalisierung des Hauses im Ausland preiszugeben und gleich­zeitig ihre Überraschung zu erwähnen, dass es das Haus von F10 ist (Z. 84). Ihrer Aussage schließt sich spontan M8 an, ein Schüler mit DaZ, der sagt: “Ja, ich dachte, ähm, M9 meinte ja, das ist in Arabien“. Der Inhalt dieser Aussage ist nicht eindeutig, wobei sie ausgehend vom Kontext so interpretiert werden könnte, dass M8 ausdrücken möchte, dass er – wie M9 – das Haus im arabischen Raum lokalisiert hätte. Nicht nachvollziehbar ist die verteidigende Reaktion der LP, die M8 zunächst korrigiert (Arabien in Arabischer Raum) und M9s Vermutung dann vehement verteidigt. Es kann nicht geklärt werden, was sie verstanden hat, und warum sie so pikiert reagiert. Es kann aber festgestellt werden, dass sie auch in dieser Situation keinen Raum für Dialog eröffnet, sondern auf die eigene hierarchische Position setzt. Die Hierarchie wird von den S* streng respektiert, was zum Beispiel durch die Tatsache sichtbar wird, dass diese ihre Gespräche untereinander sofort unterbrechen, sobald die LP oder die WL das Wort ergreifen und die eigene Perspektive darstellen bzw. Fragen stellen (Z. 76, Z. 84, Z. 89). [40]

Impulse zur (Selbst)reflexion

Im dritten Kapitel wurde gezeigt, dass ein dialogischer pädagogischer Ansatz zur Entstehung von Inklusion im Klassenraum förderlich ist. Wie förderliche bzw. hinderliche Dynamiken ent­stehen, hilft die Konversationsanalyse der für diesen Beitrag ausgewählten Interaktion zu deu­ten. Ausgehend von den Kernmerkmalen von Inklusion, die im Dialogkonzept noch stärker aus­geprägt sind, ergeben sich drei Kriterien zur Beurteilung der kommunikativen Praktiken der handelnden Pädagoginnen: 1. die Entstehung eines Raums abseits des Paradigmas der Leis­tung, in dem die Erfahrungen und das Wissen der S* als relevant und wertvoll geschätzt werden; 2. der anerkennende Umgang mit den verschiedenen S*, die sich frei von eindimensionalen Zuschreibungen von außen, selbstbestimmt einbringen können; 3. der Grad der Partizipation, der ermöglicht wird. Auf diese Kriterien wird am Ende der folgenden Analyse besonders einge­gangen. [41]

Die Interaktion ähnelt einem Tennis-Spiel zwischen den beiden Erwachsenen, die extrem häufig zu Wort kommen, und den S*. Von den S* nehmen an der Interaktion haupt­säch­lich diejenigen teil, die einen 'offiziellen Auftrag' haben: M10 und M9, die das Bild vorstellen, und F10, die das Bild mitgebracht hat und Informationen über das Bild liefern soll. Weitere S* äußern sich, vor allem gegen Ende der Sequenz, nachdem die WL eine Frage an alle stellt und dadurch zeigt, dass die Beiträge Aller wichtig sind. Allerdings wird nur den Beiträgen von F1 und M8 in einer ruhigen Atmosphäre zugehört. Die anderen bleiben Teil von leiseren Sequenzen in kleinen Gruppen. [42]

Diese Unterscheidung zwischen denjenigen, die Raum bekommen, um sich zu äußern, und den Anderen, die sich eher unter sich austauschen, spiegelt die typische didaktische Interaktion wider: Durch das Erteilen des Wortes wird die Entwicklung der Interaktion gesteuert, durch die Praxis des Fragens und Bewertens Einfluss auf den Inhalt der Interaktion genommen. Durch Fragen entscheiden Erwachsene, welches Wissen relevant ist und durch die Bewertung der Antwort unterscheiden sie zwischen akzeptablen und nicht akzeptablen Beiträgen. In diesem Kontext nimmt die Bewertung die Form von Komplimenten (z.B. Z. 40), Kritiken (z.B. Z. 92) und Korrekturen (z.B. Z. 14) an. Die Kommentare der LP, wie zum Beispiel ihre Imperativ- und Wir-Ansprachen, sind sowohl Ausdruck der unausgeglichenen Machtverhältnisse, als auch eine Bestätigung und Konsolidierung dieser. Sie beansprucht für ihre eigene Wahrnehmung Allge­meingültigkeit und aktiviert durch Lob und Kritik die anti-dialogische Logik des Richtigen und Falschen, Guten und Schlechten, was die Beteiligung der S* hemmt. Aus einer dialogischen Haltung heraus wäre die Interpretation von M10, dass das Gebäude ein Terroristenversteck sei – was auch mehrere S* beschäftigt – nicht zensiert worden, was einen konstruktiven Umgang ermöglicht hätte. Gleichzeitig empfindet die LP selbst nicht das Bedürfnis, sich für die eigenen Fauxpas zu entschuldigen (vgl. Z. 45-52). [43]

Die vielen geschlossenen bzw. gezielten Fragen, die die LP stellt, stecken das inhaltliche Feld des Gesprächs ab: Es geht nicht darum, was die S* eigentlich thematisieren wollen, sondern sie entscheidet, was thematisiert wird. Dies steht der Förderung der Agency entgegen, da die S* in eine passive Rolle gedrängt werden. Ihr Beitrag ist in diesem Setting nur dann relevant, wenn er die von den Erwachsenen erwünschten Informationen liefern kann. Was wollte F10 eigentlich über das Bild erzählen? „Da stecken bestimmt ganz viele Erinnerungen drin. Mhm.“ sagt die LP (Z. 27), der Schülerin wurde aber keine Gelegenheit geboten, diese Erinnerungen selbstbestimmt zu äußern. Die offene Frage der WL „Warum war das Bild für dich wichtig?“ ist die erste und einzige Chance für die Schülerin, frei zu sprechen. Ihre Antwort beschränkt sich dann aber auf einen kurzen nicht abgeschlossenen Satz, was sich wie folgt erklären lässt: Bis zu diesem Zeitpunkt hat die LP lediglich geschlossene Fragen gestellt, die anscheinend nur durch persönliche Neugier motiviert waren und eine eigene Narration der Schülerin er­schwerten. Zusätzlich wird an mehreren Stellen (Z. 45-52) deutlich, dass die LP nicht genau zuhört, was sich zusätzlich demotivierend auswirkt und der Agency der Schülerin zuwiderläuft. Die gut gemeinten Einsätze von M1, der versucht, das Missverständnis über den Großvater zu klären, und F1, die die Entscheidung von F10, gerade dieses Bild mitzubringen, mit Heimweh erklärt, verstärken auch die passive Rolle der Schülerin. Während die LP keine Notwendigkeit darin sieht, F10 nach der Interpretation durch F1 Raum für eine Korrektur oder die Thema­tisierung anderer Aspekte zu geben, kommt die WL nach dem Versuch der LP das Thema zu wechseln darauf zurück und stellt eine Art Kontrollfrage: „Hast du manchmal Heimweh?“ (Z. 65). Die Antwort widerspricht der Interpretation von F1, darauf wird aber nicht eingegangen. Statt­dessen wird die ganze Gruppe zum Thema Heimweh befragt (Z. 72). [44]

Die Phänomene, dass die LP viele geschlossene Fragen stellt und die Antworten von F1 wiederholt, dass die Mitschüler*innen für sie sprechen und die WL die Aussagen von F1 nicht zu vertiefen versucht, könnten mit den realen oder vermuteten geringen Deutschkenntnissen der Schülerin zusammenhängen. Die Angst, sie bloß zu stellen, oder die Befürchtung, dass der Verständigungsprozess anstrengender und langsamer verlaufen könnte, sind Faktoren, die dieses Verhalten erklären können. Entsprechende Verhaltensweisen führen zu einer realen Beeinträchtigung sowohl des Selbstbildes als auch der Agency der betroffenen Person und das obgleich die zu Grunde liegende Einschätzung 'schlechte Sprachkenntnisse' sehr subjektiv ist. Die dauerhafte Anwendung dieses Mechanismus führt zur Ausgrenzung von S* mit DaZ. Bemerkenswert ist es auch, dass die LP ausgerechnet den einzigen Muttersprachler des Teams auffordert, das Bild zu beschreiben. M3, der auch Geflüchteter ist, ergreift kein einziges Mal das Wort und wird auch nicht dazu motiviert, seine Beobachtungen bzw. Empfindungen zu äußern. [45]

In Bezug auf die drei, am Anfang des Kapitels vorgestellten Kriterien zur Beurteilung der Dialoghaftigkeit kommunikativer Praktiken der Pädagoginnen kann folgendes zusammenfassend festgestellt werden: Erstens entsteht im Workshop nur bedingt eine Atmosphäre, in der sich die S* frei – ohne Angst vor Beurteilung und ohne Rücksicht auf das Interesse der Erwachsenen – ausdrücken können. Vielen S* wird nicht zugehört, abweichende Perspektiven werden abge­wertet; zweitens ist die Sequenz durch eine wertschätzende Haltung der Pädagoginnen gegen­über der Erzählerin mit Fluchterfahrung charakterisiert, die aber eher eine Schutzfunktion als eine bestärkende Funktion hat. Der Umgang der LP mit den verschiedenen S* ist von Annahmen und Vorstellungen geprägt, die nicht explizit gemacht werden, sich aber in den Handlungen widerspiegeln. Dabei unterscheidet sich die Reaktion der LP auf die Beiträge verschiedener S* sehr: sie werden ignoriert, kritisiert bzw. freundlich angenommen; drittens gelingt es den S* die Schwelle der dialogischen Partizipation nur teilweise zu überschreiten: Die meisten Interaktionen können der Stufe 3 “Alibi-Teilnahme” zugeordnet werden, da die Inhalte der Beiträge der S* häufig eng von den Erwachsenen – vor allem von der LP – gesteuert werden. [46]

Zwei zentrale Herausforderungen zur Verwirklichung von Inklusion durch alltägliche pädago­gische Praktiken kristallisieren sich in der Analyse heraus: Die erste ist die Überwindung des hierarchischen Verständnisses der Rollen von Lehrenden – mit epistemischer Autorität – und Lernenden – ohne epistemischer Autorität –, das dem inklusiven Prinzip der bedingungslosen Anerkennung entgegensteht und das die Entstehung echter bestärkender bzw. bereichernder Mitwirkung verhindert. Die zweite ist die Übertragung einer inklusionsfördernden Haltung in inklusive Handlungen, was wiederum Kompetenzen und Selbstreflexion voraussetzt. So heißt die LP dieser Sequenz Vielfalt zwar willkommen, vollzieht aber dennoch kommunikative Praktiken des Ausschlusses. Diese Spannung entspringt der Tatsache, dass Lehrer*innen widersprüchliche Aufträge haben und sich unter Bedingungen bewegen, welche die Erreichung einer gleichberechtigten dialogischen Lernkultur teilweise verunmöglichen (Allan & Sturm, 2018, S. 179). Nichtsdestotrotz ermöglicht eine reflexive Auseinandersetzung mit der eigenen Praxis den Lehrkräften, den Raum des Machbaren zu erweitern und so den schulischen Alltag so inklusiv wie möglich zu gestalten (Budde & Hummrich, 2013). Die Entwicklung der dazu notwendigen Kompetenzen setzt ihre Vermittlung voraus, eine adäquate Form dafür findet sich in der durch Übungen zur Selbstreflexion begleiteten videobasierten Fallarbeit (Buddeberg et al., 2018). So stellt SHARMED ausgewählte, thematisch eingeordnete Videoaufzeichnungen6 zur Lehrerbildung zur Verfügung, die durch Kommentare und Fragen zur Selbstreflexion ergänzt werden. [47]

Fazit

Durch die SHARMED-Workshops sollten im Klassenraum Dialogprozesse entstehen, in denen die S* als Protagonist*innen selbst Teil des Prozesses sind, ernst genommen und wertgeschätzt werden, und sich in ihrer Entscheidung, was sie teilen und zeigen wollen, frei fühlen. In einer durch Offenheit und Neugier geprägten Atmosphäre sollten sie erfahren, wie viel sie über und durch ihre Mitschüler*innen lernen, und dass sie selbst wichtige Beiträge leisten können. [48]

Die in diesem Artikel durchgeführte detaillierte Analyse einer besonderen Interaktion, in der die LP die Rolle der Prozessmoderation übernommen hat, konnte spezifische Herausforderungen aufzeigen, die sich für LP bei der Umsetzung inklusiven Handelns im Sinne des dialogischen Ansatzes ergeben können. Regeln und Erwartungen der Schule an die LP spiegeln sich in deren Handlungspraxis wider, so hat die Analyse gezeigt, dass die durch Hierarchie bestimmte Logik des schulischen Alltags sich in kommunikativen Praktiken niederschlägt und die Entfaltung wirklicher Partizipation verhindert. Dabei wird sichtbar, wie dies der Verwirklichung von echter Inklusion, welche die Entfaltung der Agency der S* erfordern würde, entgegensteht. Die in der Analyse der Interaktion aufgezeigte Spannung zwischen Haltung und Handlung der LP kann aufgrund ihres systemimmanenten Charakters durch die Lehrer*innenbildung nicht völlig aufgelöst werden, sicherlich kann sie durch diese aber bedeutend verringert werden. [49]

Um LP für inklusives Handeln zu qualifizieren, ist der dialogische Ansatz demnach ein not­wendiger Teil der Qualifizierung für Inklusion. Er befähigt LP dazu, gegenüber all ihren S* eine bestärkende Haltung einzunehmen und diese im pädagogischen Alltag weitest möglich umzu­setzen. Denn nur auf der Basis von echter Partizipation kann die inklusive Schule Wirklich­keit werden. [50]

Konzipiert und durchgeführt wurde das Projekt im Rahmen einer Zusammenarbeit der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit der Universität Modena e Reggio Emilia (I) und der Universität Suffolk (GB). Alle Informationen zum Projekt finden Sie auf folgender Webseite: www.sharmed.eu/deutschland
Während das MOOC auf https://www.sharmed.eu/deutschland/lernplattform/mooc frei verfügbar ist, besteht für das Archiv ein Passwortschutz. Interessierte Pädagog*innen können ihre Zugänge kostenlos per Mail beantragen (https://www.sharmed.eu/deutschland/archiv).
Die acht Stufen der Beteiligung nach Hart (1992, S. 9ff.) wurden von Schröder (1995, S. 83) um eine neunte Stufe erweitert: 1. Fremdbestimmt 2. Dekoration; 3. Alibi-Teilhabe; 4. Teilhabe; 5. Zugewiesen aber informiert; 6. Mitwirkung; 7. Mitbestimmung; 8. Selbstbestimmung; 9. Selbstverwaltung.
Legende der Transkription: M# = Junge-Code; F#=Mädchen-Code; (.) kurze Pause; ((Beschreibung der relevanten nonverbalen Kommunikation)); (?) nicht verständliche Äußerungen; [simultanes Reden]; °leiser° °°sehr leise°°.
Aus der Aufnahmen lässt sich nicht eindeutig entscheiden, ob die LP hier „Wir verstehen doch nichts“ oder „Wir verstehen dich nicht“ sagt. Es ist entsprechend unklar, was M9 und die jeweiligen anderen Schüler*innen hören.
Das zweite SHARMED-MOOC umfasst folgende Themen: Aktivierung; Feedback; Persönliche Beiträge der LP; Reaktion auf spontane Initiativen; Komplexe dialogische Prozessbegleitung; Konflikte und weitere Herausforderungen; Interkulturelle kompetentes Begleiten. Freier Zugang: https://www.sharmed.eu/deutschland/lernplattform/mooc.

Literatur

  1. Allan, J. & Sturm, T. (2018). Schulentwicklung und Inklusion. In T. Sturm & M. Wagner-Willi (Hrsg.), Handbuch schulische Inklusion (S. 175–190). Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  2. Artamonova, O. (2016). Ausländersein an der Hauptschule: Internationale Verhandlungen von Zugehörigkeit im Unterricht. Bielefeld: transcript.
  3. Baraldi, C. (2014). Children’s participation in communication systems: a theoretical perspective to shape research. In M. N. Warehime (Hrsg.), Soul of society: A Focus on the Lives of Children & Youth (S. 63–92). Bingley, England: Emerald. doi: 10.1108/S1537-466120140000018014.
  4. Baraldi, C. (2015). Promotion of migrant children’s epistemic status and authority in early school Life. International Journal of Early Childhood, 47(1), 5–25. doi: 10.1007/s13158-014-0116-7.
  5. Barthes, R. (2015). Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  6. Bolten, J. (2007). Einführung in die interkulturelle Wirtschaftskommunikation. Göttingen: UTB.
  7. Buddeberg, M., Duve, J., Grimminger, E., Seidensticker, K., Heberle, S., Hornberg, A. K., Krabbe, C., Kranefeld, U., Radhoff, M., Tubach, D. & Uhlendorff, U. (2018). Videobasierte Fallarbeit in inklusionsbezogenen Seminaren. In S. Hußmann & B. Welzel (Hrsg.), DoProfiL. Das Dortmunder Profil für inklusionsorientierte Lehrerinnen- und Lehrerbildung (S. 73–92). Münster: Waxmann. Abgerufen unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2019/16573/pdf/Hussmann_Welzel_2018_DoProfil_Das_Dortmunder_Profil.pdf.
  8. Budde, J. (2018). Erziehungswissenschaftliche Perspektiven auf Inklusion und Intersektionalität. In T. Sturm & M. Wagner-Willi (Hrsg.), Handbuch schulische Inklusion (S. 31–45). Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  9. Budde, J. & Hummrich, M. (2013). Reflexive Inklusion. Zeitschrift für Inklusion, 8(4). Abgerufen unter: https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/193/199.
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Kontakt:

Luisa Conti, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache und Interkulturelle Studien, Bereich Interkulturelle Wirtschaftskommunikation, Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena
E-Mail: Luisa.Conti@uni-jena.de

Zitation:

Conti, L. (2019). Schule wandeln, dialogisch handeln. Das Aktionsforschungsprojekt SHARMED. QfI - Qualifizierung für Inklusion, 1(1), doi:

Eingereicht:

01.04.2019